#1

MA-Diagnose in SSW11, Blutung + OP

in Eure Geschichte 06.01.2024 12:37
von Monali • 4 Beiträge | 4 Punkte

Hallo an alle in dieser traurigen, aber auch so hilfreichen Gemeinschaft,

in den letzten beiden Wochen habe ich einige Beiträge hier gelesen, weil ich plötzlich und unerwartet selbst betroffen bin... und weil ich es so wertvoll fand, an den persönlichen Erfahrungen anderer teilhaben zu dürfen - allein schon, um mehr darüber zu lernen, wie eine Fehlgeburt natürlicherweise ablaufen kann - möchte ich nun auch meine Geschichte hier teilen. Vielleicht profitiert ja noch jemand davon... mindestens aber ich selbst, da ich meine Erlebnisse ein wenig aktiv verarbeiten darf. DANKE für dieses Forum, das den Raum dafür gibt!

Meine dritte Schwangerschaft begann schon ein wenig anders als die beiden vorherigen: Ich stille meine Tochter (fast 2) noch, daher war mein Zyklus unregelmäßig und das Baby in der Fruchthöhle beim ersten Ultraschall (7 Wochen nach der letzten Periode, 1 Woche nach positivem Test) noch gar nicht darstellbar. Eine Woche später, Mitte November, war aber ein deutlicher Herzschlag erkennbar, ich bekam meinen Mutterpass ausgefüllt und war voll Freude: Es sollte ein Juli-Baby werden.

Ich hatte sehr starke Kreislaufprobleme, viel mehr als bei den beiden vorherigen Malen, und drei Wochen nach dem Vorsorgetermin eine ganz leichte Schmierblutung, dachte mir jedoch bei all dem nichts Schlimmes - ich werde ja nicht jünger und alles andere deutete auf eine ganz normale Schwangerschaft hin. Eine weitere Woche später, am 20.12.2023 beim Routine-Ultraschall-Termin in SSW11 kam dann jedoch der große Schock: Das Kleine war offenbar schon eine Weile nicht mehr gewachsen, vor allem aber war keinerlei Herzaktivität mehr erkennbar. "Die Schwangerschaft ist leider nicht in Ordnung", so drückte es meine FÄ aus. Da sie den Befund nicht ganz einschätzen konnte - irgendetwas hatte sich schon in meiner Gebärmutter angesammelt - schickte sie mich direkt ins nächste Krankenhaus zur Abklärung. Dort wurde die traurige Diagnose bestätigt und im feineren Ultraschall war auch unser Kind etwas besser erkennbar: SSL 1.6cm. Es war also nur etwa bis zur 8.SSW gewachsen und daher schon schätzungsweise 2 Wochen nicht mehr am Leben. Ich hörte zum ersten Mal die Diagnoseformel "missed abortion"... und war fassungslos. Wie konnte mein Körper so etwas Entscheidendes einfach nicht mitbekommen haben?!?

Der untersuchende Arzt im KH war freundlich, riet aber direkt zur Ausschabung: Das sei sehr risikoarm und bei der fortgeschrittenen Schwangerschaft (> 8.SSW) das Sinnvollste. Andernfalls würde ich sehr starke Blutungen und womöglich einen Gebärmutterriss riskieren (was sich im Nachhinein als übertriebene Panikmache herausstellte...). Völlig überfordert von der Situation und mit dem Wunsch, es möglichst schnell und möglichst vor den Weihnachtsfeiertagen irgendwie überstanden zu haben, ließ ich mir einen Termin für den übernächsten Tag geben und blieb auch direkt schon für das Anästhesie-Aufklärungsgespräch.

Im Nachhinein ärgere ich mich allein schon über die Diagnoseformulierung "missed abortion". Ja, unser Baby lebte schon etwa 2 Wochen nicht mehr - aber das heißt ja noch lange nicht, dass mein Körper damit schon jede Gelegenheit verpasst hätte, die Schwangerschaft zu beenden! "Missing abortion" fände ich wesentlich treffender. Das Ende war hier schließlich noch völlig offen.

Ich lag in der Nacht mehrere Stunden wach und spürte plötzlich ein deutliches Ziehen im Unterbauch. Merkte mein Körper nun doch schon etwas?
Die Aussicht auf eine Ausschabungs-OP fand ich immer grauenerregender, je länger ich darüber nachdachte. Allein schon der Gedanke an eine (meine erste) Vollnarkose machte mich mehr als nervös. Besteht nicht immer ein gewisses Risiko, dass man einfach nicht wieder daraus aufwacht? Und dieser totale Kontrollverlust in so einer verwundbaren Position... so gruselig.

Am nächsten Tag, nach einem Telefongespräch mit einer Freundin, die bereits zwei natürliche FGs hatte, und einem mit meiner FÄ, die mich ebenfalls beruhigen konnte, sagte ich den OP-Termin guten Gewissens ab. Der Plan: erst einmal eine Woche abwarten und dann zur Kontrolle oder falls eine Blutung einsetzt, Nachkontrolle 6-7 Tage später. Ich war so erleichtert! Besonders, da ich nun auch an meinem Körper deutlich merkte, dass er sich langsam von der Schwangerschaft verabschiedete (plötzlich wieder unreine Haut, bestimmte Lebensmittel schmeckten wieder wie vor der Schwangerschaft, vermehrtes Ziehen im Unterbauch...).

Ich hatte über die Feiertage, wo die "großen" Kinder gut von Papa, Oma und Opa versorgt waren, immer wieder Zeitfenster zum Trauern um unser geliebtes drittes Baby, das sich leise verabschiedet hatte. Hätte nicht gedacht, dass der Schmerz so tief gehen würde... dass ich jemanden, den ich noch gar nicht richtig kennenlernen konnte, derart heftig vermissen könnte.
Zuerst wollten wir dem Kleinen keinen Namen geben, da wir unisex Namen nicht sehr mögen, aber das Geschlecht natürlich noch nicht wissen konnten. Dann kam ich auf "Beni" (gesprochen mit langem "e", französisch für "gesegnet") und der erschien uns dann doch passend. Wir werden nun für immer Eltern von mindestens 3 Kindern sein... und uns tröstet der Gedanke sehr, dass eines der drei nun schon sicher bei Jesus in der neuen Welt ist, die manche auch "Himmel" nennen und wo es kein Leid, keine Tränen, keine Krankheit und keinen Tod mehr gibt. Und wo wir uns eines schönen Tages sehen und richtig kennenlernen werden.

Ich wurde emotional ruhiger, fühlte mich bereit, unser Baby loszulassen, aber körperlich tat sich leider nicht viel... bis zum Kontrolltermin am 29.12. lediglich eine leichte braune Schmierblutung. Der Muttermund-Befund war auch unverändert (alles dicht). Meine FÄ war nun weniger zuversichtlich, dass mein Körper noch aktiv wird und empfahl mir, doch wieder die OP zu erwägen, sollte sich auch eine Woche später noch nichts weiter getan haben - dann hätte ich schließlich schon etwa 4 Wochen ein lebloses Baby im Bauch (sie formulierte es etwas einfühlsamer). Wir verblieben mit der Vereinbarung einer telefonischen Rücksprache nach dem langen Wochenende (2.1.).
Ich begann daraufhin, Hausmittel zur Wehenförderung auszuprobieren: große Tassen Himbeerblätter- und Ingwertee trinken, extra gewürzt mit Kardamom, Zimt und Nelken, ätherisches Öl von Muskatellersalbei auf den Bauch reiben... und siehe da, am Abend begann eine etwas stärkere rotbraune (Schmier?)Blutung. Morgens kam dann allerdings leider nichts mehr... also weitergemacht mit den Hausmittelchen und abends löste sich tatsächlich ohne Vorwarnung (kein Bauchziehen oder so) ein deutlicher Blutschwall, der an der Einlage vorbei das Bein herunterlief. Es war dunkelrot und sehr flüssig, Gewebe oder gar eine Fruchthöhle konnte ich nicht erkennen.
Das stimmte mich aber insgesamt zuversichtlich: Mein Körper schafft es doch!

Wider Erwarten passierte aber auch in dieser Nacht und am nächsten Tag nichts weiter, außer dass ich wieder Kreislaufprobleme bekam. Am Tag darauf, dem Neujahrsmorgen, zog es wieder im Bauch, etwa eine normale Binde lief voll Blut. Sollte es das etwa schon gewesen sein??

Meine FÄ am Telefon am 2.1. vereinbarte direkt einen Termin zur Kontrolle am nächsten Tag. Am 3.1. morgens gab es noch einmal eine leichte dunkelrote Blutung, der Ultraschall- und Tast-Befund waren jedoch sehr ernüchternd: die Gebärmutter noch immer sehr groß und sehr, sehr voll mit Blut in verschiedener Form (Hämatom, Koagel) und dicker Schleimhaut. Meiner erfahrenen FÄ, der ich grundsätzlich vertraue, gefiel das gar nicht... sie äußerte den Verdacht einer Blasenmole oder einer anderen Art der Verselbstständigung des Schwangerschaftsgewebes. Dass mein Bauch plötzlich bei der Tastuntersuchung von außen stellenweise schmerzte, beunruhigte mich zusätzlich. Positiv fiel mir jedoch auf, dass die Fruchthöhle und unser Baby nicht mehr erkennbar waren im Ultraschall. Waren sie doch schon mit abgegangen? Oder hatte mein Körper sie auflösen können?

Mir wurde noch Blut abgenommen zur Bestimmung des ßHCG-Werts, der jedoch erst am übernächsten Tag vorliegen würde.
Beim Verlassen der Praxis hielt ich wieder den Überweisungsschein zur "Abrasio" in der Hand. Wieder völlig überfordert. War das nun doch die beste Lösung für meinen speziellen Fall? Oder wurde ich einfach nur ungeduldig, obwohl mein Körper schlicht noch etwas mehr Zeit bräuchte? Drängelte meine Ärztin unnötigerweise oder hatte sie ernsten Grund zur Sorge??
Ich entschloss mich nach längerem inneren Ringen, auf meine Ärztin und auf mein Bauchgefühl zu hören, und überwand mich, im KH anzurufen um zu fragen, wann ich kommen könnte... noch mit der leisen Hoffnung, dass es vielleicht wenigstens eine medikamentöse Alternative zur OP geben könnte. "Morgen um 10h45, nüchtern". Au weia.

Obwohl das Personal wirklich sehr freundlich war, folgte ein höchst nervenaufreibender Tag im KH... glücklicherweise hatte ich um 5 Uhr früh noch ein großes Müsli gegessen und viel getrunken, denn bis etwa 12h30 passierte überhaupt nichts (außer, dass ich die gleichen Unterlagen wie vor 2 Wochen ein zweites Mal ausfüllen musste, weil sie die alten nicht mehr auffinden konnten...). Meinem Kreislauf ging es dann allerdings auch schon nicht mehr allzu gut - immerhin war das Wartezimmer leer genug, dass ich mich zeitweise auf 3 Sitze legen und die Beine hochlagern konnte.
Dann wurde nochmal Ultraschall gemacht - auch hier keine Fruchthöhle, kein Baby mehr zu sehen - und ich bekam ein zweites Mal die OP-Aufklärung (in Kurzfassung, da es der gleiche Arzt war wie 2 Wochen zuvor). Er stellte zusätzlich fest, dass meine Gebärmutterwand teilweise sehr dünn geworden war, weshalb er die OP unter ständiger Ultraschallüberwachung anordnete. Das beruhigte mich ein wenig - immerhin würde so hoffentlich besonders vorsichtig gearbeitet werden. Nur die Hoffnung auf eine medikamentöse Alternative fegte er leider sofort vom Tisch... mein Schicksal war sozusagen besiegelt. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass es jetzt nur noch eine Art "Nestreinigung" sein würde - und keiner mehr mein Baby aus mir herauskratzen könnte.

Es verging noch einmal über eine Stunde bis zum Anästhesie-Aufklärungsgespräch. Auch hier eine sehr freundliche Ärztin, die sogar die für mich vorgesehene Station anrief, dass sie mich vor der OP noch mit einer Infusion versorgen sollten, da ich nichts mehr trinken durfte, aber mein Kreislauf so am Boden war... inzwischen wurde mir immer kälter, körperlich und emotional fühlte ich mich ziemlich am Ende. Und bis hierher konnte mir keiner sagen, wann die OP denn überhaupt stattfinden würde... das war so gegen 15h45.
Dann musste es plötzlich ganz schnell gehen. Ich durfte einen kleinen Schluck Wasser trinken, um ein Medikament zur Muttermund-Aufweichung zu schlucken, zitternd vor Kälte und wohl auch Angst wurde ich in den OP-Saal geschoben. Eine der Anästhesistinnen hielt mir die Hand und fragte einfühlsam, in welcher SSW ich denn sei... selbst diese Frage überforderte mich. War ich inzwischen SSW 13?? "Das Baby war SSW 8", habe ich, glaube ich, geantwortet.

Als ich wieder zu mir kam, war mir noch immer sehr kalt, aber ich hatte keine Schmerzen, was mich irgendwie wunderte. Der freundliche Pfleger im Aufwachraum brachte mir eine zweite Decke, ich hatte eine Weile Ruhe... und zurück auf Station gab es direkt Abendessen und, vor allem, TRINKEN. Was für eine Wohltat!
Dafür, dass ich kurz zuvor quasi mit meinem Leben abgeschlossen hatte, fühlte es sich plötzlich wieder erstaunlich gut an. Endlich fror ich nicht mehr, die Erleichterung war riesig.
Bei der Nachuntersuchung (Ultraschall) mit der Ärztin, die mich operiert hatte, gegen 19h30, sah dann tatsächlich auch alles in Ordnung aus: Die Gebärmutter hatte sich deutlich verkleinert (da hatten sie mit einem Medikament nach dem Eingriff nachgeholfen), wirkte unverletzt und bis auf eine kleine Stelle, wo sie unsicher war, auch gewebefrei. Sie hätten allerdings wirklich ungewöhnlich viel Blut und Material herausholen müssen... mein dünnwandiges, weiches Organ hätte es wohl tatsächlich kaum selbst schaffen können.
Erstaunlicherweise lag mein HB-Wert trotzdem noch über 13 und ich konnte gegen 20 Uhr kreislaufstabil und schmerzfrei nach Hause laufen (in Begleitung meines lieben Mannes, der mich abholen kam).

Am nächsten Tag rief meine FÄ an und teilte mir mit, dass der ßHCG-Wert am Mittwoch zwar nicht beunruhigend hoch gewesen sei (= Blasenmole unwahrscheinlich), jedoch noch immer in etwa auf dem Niveau von SSW 10, was mich etwas überraschte. Noch ein Indiz, dass meinem Körper der Abschied von der Schwangerschaft ungewöhnlich schwer fiel.

War die OP also die richtige Entscheidung gewesen?
Ich weiß natürlich nicht, was passiert wäre, wenn ich länger gewartet hätte... aber wo ich nun offenbar alles ohne Komplikationen durchstehen durfte, Gott sei Dank, habe ich zumindest bis hierher nichts zu bereuen.

Aktuell warte ich noch auf das Ergebnis der Gewebeuntersuchung und auf die Nachkontrolle bei meiner FÄ, versuche der schubweise auftretenden Trauer weiter Raum zu geben... auch wenn das Baby sich schon vorher verabschiedet hatte, überkam mich erst nach der OP ein starkes Gefühl großer innerer Leere. Ich bin aber sehr froh, dass ich zumindest die gut 2 Wochen zwischen Diagnose und OP Zeit hatte, um mich ein wenig mehr darauf einzustellen.
Ganz vorsichtig beginne ich, meinen Blick nach vorn zu richten. Auf was kann ich hoffen? Wann wird sich mein Zyklus wieder einspielen? Das Stillen meiner Tochter, die noch sehr an ihrer "Miiich" hängt, möchte ich noch nicht aufgeben... diese Art Nähe tut uns beiden gerade gut, habe ich den Eindruck.
Ein Regenbogenbaby noch in diesem Jahr wäre ein echtes Wunder... andererseits: Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist. Und ich bin getröstet mit der Überzeugung, dass Gott für alles den genau richtigen Zeitpunkt festgesetzt hat.

Es ist ein recht langer Bericht geworden. Danke, dass ich mir das hier einfach mal von der Seele schreiben durfte.

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#2

RE: MA-Diagnose in SSW11, Blutung + OP

in Eure Geschichte 06.01.2024 14:29
von Katrin • 376 Beiträge | 376 Punkte

Liebe Monali,
es tut mir Leid, dass auch du diesen Verlust erleben musstest und dass die kleine Geburt nicht einfach war. Die Entscheidung, was jetzt das richtige ist, ist so schwer...
Wie gehen deine beiden Großen damit um? Und hast du Kraft für sie?
An deinem Bericht hat mich beeindruckt, dass du weiter an Jesus festhältst und deinen Glauben nicht verlierst! Das ist viel wert in dieser schwierigen, traurigen Lage! Ich fand es vor allem nach der zweiten Fehlgeburt so schwer zu vertrauen und hab mich so von Gott verlassen gefühlt und gehadert.
Auch ich vertraue darauf, dass unsere Sternchen bei Gott gut aufgehoben sind und dass es ihnen dort gut geht.
Ich wünsche dir, dass du dein Gottvertrauen behältst und dass er dir durch diese schwere Zeit hindurch hilft!
Fühl dich gedrückt!

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#3

RE: MA-Diagnose in SSW11, Blutung + OP

in Eure Geschichte 06.01.2024 16:43
von Susanne • 4.599 Beiträge | 4617 Punkte

Hallo liebe Monali, herzlich Willkommen und mein Mitgefühl für Deinen Verlust. Danke für das ausführliche Teilen Deiner Geschichte. Scheinbar bist du auch emotional schon etwas zu Kräften gekommen und kannst schon wieder etwas Hoffnung und Kraft in die Zukunft legen. Möchtet Ihr dem Sternchen noch einen Ort geben? Sei es in Form eines rituellen Abschieds, dem Fertigen einer Erinnerung oder so etwas? Wie geht Dein Partner mit dem Verlust um? Hast Du jemanden zu Reden und traurig sein?
Liebe Grüße
Susanne

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#4

RE: MA-Diagnose in SSW11, Blutung + OP

in Eure Geschichte 07.01.2024 17:31
von Monali • 4 Beiträge | 4 Punkte

Liebe Katrin, liebe Susanne,
ganz herzlichen Dank für eure Anteilnahme und eure lieben Worte und Wünsche!

Mein Mann versucht, mich emotional zu stützen, erträgt meine Tränen, nimmt mich in den Arm... aber ich weiß, dass unser 3. Kind für ihn so viel weniger "real" ist, als für mich, und dass ihm unser Verlust daher längst nicht so nahe geht wie mir.
Wir haben noch einen 6-jährigen Sohn und eine knapp 2-jährige Tochter - beide wissen nichts von ihrem Geschwisterchen. Die Kleine würde es noch nicht verstehen (wobei sie mich emotional schon erstaunlich gut unterstützen kann, da sie viel meine Nähe sucht und gern kuschelt), der Große ist leider in etwa so empathisch wie ein Stein... wenn er mich weinen sieht, dann lacht er mich aus und meint "Mama sieht so lustig aus". Das ist nicht leicht zu ertragen, aber andererseits durfte ich durch die aktuelle Situation auch für ihn, der leider ein eher kräftezehrendes Kind ist (oder zumindest eines in einer schon sehr lang anhaltenden kräftezehrenden Phase), neu dankbar werden. Wir hatten ihm an Weihnachten davon erzählen wollen, dass er noch eine Schwester oder einen Bruder bekommt, zusammen mit einem ersten US-Bild, aber dazu ist es ja dann leider nicht mehr gekommen...
Ich bin sehr dankbar für insgesamt 4 Freundinnen, die eigene FG-Erfahrungen haben, mit denen ich mich austauschen darf und die meine Trauer verstehen. Es ist so wertvoll, damit nicht allein sein zu müssen! Und ich bin im Nachhinein froh, dass wir schon einigen Leuten früh von der Schwangerschaft erzählt hatten, weil es so nun auch leichter ist, offen über den traurigen Ausgang zu sprechen und Anteilnahme zu erfahren.

Als bleibendes Andenken habe ich mir vorgenommen, einen hübschen Stein zu suchen, wetterfest zu bemalen und damit einen kleinen, unauffälligen Gedenkplatz in unserem Garten einzurichten. Außerdem werde ich ab diesem Jahr immer am Sternenkindertag eine Kerze anzünden, das finde ich ein schönes Ritual bzw. eine hilfreiche Tradition.

Liebe Katrin, wie gut zu hören, dass auch du diesen Trost hast, dass deine Kinder nun bei Gott geborgen sind!
Ich muss ehrlich zugeben, dass auch mir das Vertrauen hier nicht gerade leicht fällt... ich habe es so krass am ganzen Körper gespürt, als es plötzlich um die OP und die Narkose ging, dass mein Vertrauen eigentlich winzig ist - ich hätte so viel lieber gern selbst die Kontrolle darüber, wie die Dinge laufen! Auch im Bezug auf eine mögliche weitere Schwangerschaft bin ich nun zutiefst verunsichert. Klar wusste ich schon vorher theoretisch von der Möglichkeit, dass etwas schiefgehen kann... aber nun mit der schmerzlichen eigenen Erfahrung hat es eine völlig andere Dimension.
Irgendwie habe ich aber den starken Eindruck, dass Gott mich genau dadurch auch etwas lehren möchte... vielleicht ist es wirklich so, dass Krisen und Leid wie Dünger für das Wachstum von Vertrauen sein können.
Auf jeden Fall habe ich in den letzten Wochen, wie auch schon in anderen schwierigen Momenten meines Lebens, gemerkt, dass Gott trotzdem da ist... und dass ich eigentlich keine Wahl habe, als mich mit meinem ganzen Elend zu ihm zu flüchten, auch wenn ich ihn gerade mal wieder nicht verstehe. Die Alternative wäre ein bodenloser Abgrund von Sinn- und Hoffnungslosigkeit... unvergleichlich schrecklich.
Außerdem hilft mir das Wissen, dass Tränen und Traurigkeit auch vor Gott in Ordnung sind. Der vielleicht kürzeste Vers der Bibel ist Johannes 11,35: "Jesus weinte". Er tat das um seinen verstorbenen Freund Lazarus, kurioserweise kurz bevor er ihn selbst wieder vom Tod auferweckte.
Also weine ich mit Jesus, weil Abschied und Tod einfach schmerzlich sind... und bin gleichzeitig getröstet und zutiefst dankbar, dass er all das Traurige eines Tages komplett abschaffen wird.
Diese Hoffnung wünsche ich uns allen hier von Herzen!

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#5

RE: MA-Diagnose in SSW11, Blutung + OP

in Eure Geschichte 09.01.2024 14:18
von Katrin • 376 Beiträge | 376 Punkte

Liebe Monali,
du klingst sehr tapfer! Wie gut, dass dein Mann für dich da ist und du Freundinnen hast, mit denen du reden kannst!
Dein Großer klingt ja wirklich sehr unemathisch...Das stelle ich mir nicht leicht vor.

Ja, so eine FG zeigt so deutlich, wie wenig wir Kontrolle über unser Leben haben...Auch wenn wir genau das gern haben oder es uns zumindest einbilden. Ich finde, das ist nicht leicht zu akzeptieren, gerade, wenn es um etwas so Elementares geht...

Ich verstehe gut, dass du verunsichert bist, was eine neue Schwangerschaft angeht und das Vertrauen fehlt.
Was bei mir aber spannend war: In der 2. Schwangerschaft konnte ich viel mehr vertrauen, als in der ersten. Das hatte ich überhaupt nicht erwartet. Aber dann bin ich überraschend schnell wieder schwanger geworden und dachte mir: Wenn Gott das Wunder tut, dass ich so schnell wieder schwanger werden durfte (nachdem es bis zur 1. Schwangerschaft ein Jahr gedauert hatte), wird er dieses Kind auch leben lassen.
Trotzdem ist dieses Kind gestorben. Das hat mir wirklich den Boden unter den Füßen weggerissen und mich sehr zweifeln lassen. Nicht daran, dass es Gott gibt, aber daran, dass er gut ist und für uns da ist. Das war hart, weil mein Glaube wichtiger Teil meines Lebens ist.
Die 3. Schwangerschaft war dann auch richtig schwierig, weil ich so schreckliche Angst und so wenig Vertrauen hatte. Aber dieses Kind lebt und schläft gerade neben mir. Das hat mir wieder Vertrauen gegeben. Und ich durfte merken, Gott ist auch in meinem Leben da. Er hat mich nicht allein gelassen, auch wenn ich vieles nicht verstehe.
Danke, dass du diese Bibelstelle geteilt hast! Das ist ein guter, hilfreicher Gedanke.
Mir hat es zumindest zeitweise geholfen, dass Gott mit uns mitleidet. Dass er dieses Leid kennt; schließlich musste auch er den Tod seines Kindes erleben; und dass er auch darin dabei ist und Anteil nimmt.
Auch ich habe durch die Fehlgeburten und unsere Sternchen einiges gelernt. Mit Sicherheit und das ist bestimmt gut so. Und trotzdem wäre es uns doch lieber, wir hätten diese schmerzliche Erfahrung nicht machen müssen...
Ich wünsche dir jedenfalls viel Kraft und Gottes Begleitung auf deinem Weg!

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#6

RE: MA-Diagnose in SSW11, Blutung + OP

in Eure Geschichte 09.01.2024 21:14
von Csillamar • 30 Beiträge | 30 Punkte

Ich bin auch gerade dabei, meinen 3. Verlust zu verarbeiten. Und auch für mich ist dieses Hadern mit dem Schicksal, oder mit Gott, so schwer. Ich versuche zu lernen, ich versuche, die Dinge zu finden, an denen ich wachsen kann, versuche, irgendwie einen Sinn zu erkennen.
Aber bei jeder meiner Fehlgeburten gibt es diese Aspekte die ich einfach nicht verstehe. Die sich anfühlen wie eine extra Ohrfeige. Als wollte das Schicksal mir weh tun. Als wollte es mich brechen. Warum hasst mich Gott? Warum durfte ich mich nicht wenigstens in Würde verabschieden? Warum - wenn diese Kinder schon nicht zu mir kommen durften - musste es dann auch noch so passieren, wie es passiert ist?

Gerade höre ich einen Podcast. "All there is" von Anderson Cooper, die letzte Folge spricht er mit Stephen Colbert (ein amerikanischer Comedian, falls der nicht bekannt ist) über Trauer. Und es fällt da dieser Satz. "What of gods punishments are not gifts". Die Strafen, die Geschenke sind. Und wie man das Leid braucht, um ganz Mensch zu sein, und das Leben in seiner Tiefe zu begreifen.
Dass man immer denkt, man müsste gegen die Trauer gewinnen, einen Sinn hineinschreiben, man müsste die Trauer in irgendeiner Weise meistern - und dass das nicht geht, dass man nur akzeptieren kann. Dass Akzeptanz keine Niederlage ist.
Mir hilft das gerade sehr. Vielleicht Dir auch.

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#7

RE: MA-Diagnose in SSW11, Blutung + OP

in Eure Geschichte 12.01.2024 23:30
von Monali • 4 Beiträge | 4 Punkte

Liebe Katrin,
wie heftig, dass du 2x hintereinander durch dieses tiefe Tal durchmusstest... und dann auch noch direkt bei deinen ersten beiden Schwangerschaften!
Nein, diese Erfahrungen sucht sich wirklich keiner freiwillig aus. Aber gut, wenn es uns zumindest mit der Zeit irgendwann gelingt, sie als Teil des eigenen Lebens anzunehmen und gewissermaßen Frieden damit zu schließen.

Liebe Csillamar,
tut mir sehr, sehr leid, dass du sogar schon zum 3. Mal diesen Schmerz und diese Trauer erleben musst... und danke dir, dass du deine Gedanken dazu geteilt hast!
Diese quälenden "Warum"-Fragen habe ich, ehrlich gesagt, versucht so schnell wie möglich zur Seite zu schieben... das Elend in dieser Welt ist so groß und irgendwie trifft es, gefühlt, fast immer die Falschen, oder? Beinahe schäme ich mich dann schon für meine eigene Traurigkeit, wenn ich - hier oder anderswo - lese oder höre, wie viel härter die eine oder der andere getroffen sind... und das ist ja wiederum leider auch nicht sehr hilfreich.
Das mit den Strafen, die eigentlich Geschenke sind, klingt im ersten Moment irgendwie verdreht... aber im Alltag mit Kindern ist es ständig real: Ich liebe meine Kinder und will sie eigentlich nie leiden sehen, aber blöderweise müssen sie manche Erfahrungen anscheinend wirklich erst selbst machen, um daraus lernen zu können... sei es mit einer direkten logischen Konsequenz (Beispiel noch heiße Herdplatte) oder tatsächlich mit einer Art Strafe von mir, um sie vor größerem Übel zu bewahren (Beispiel nur noch an der Hand laufen, wenn im Straßenverkehr herumgekaspert wird).

Vielleicht dürfen wir - unter anderem - gerade lernen, einen guten Umgang mit Trauer zu finden?
Auch das geht vermutlich nur durch 'Learning by doing'... und klingt für mich irgendwie nach einer nützlichen Lebensfertigkeit.

Meine Mutter hatte mir zu Weihnachten ein hoffnungsvolles Buch geschenkt - ausgesucht noch ohne, dass sie von unserem Verlust wusste: "Besser als Eden" von Nancy Guthrie
Gleich das erste Kapitel hat den Titel "Die Wüste" und enthält auch einige interessante Gedanken zu unserem Thema... Mangel, Leere, Enttäuschung, Unzufriedenheit, Schmerz werden als Wüstenerfahrungen zusammengefasst - all das erleben wir als Folge des Verlassens des wunderbaren Gartens Eden auf unserer, gewissermaßen, Wüstenwanderung durch diese Welt. All diese leidvollen Empfindungen, die wir uns nie selbst gewählt hätten, können uns aber auch darauf hinweisen, dass es ursprünglich nicht so gedacht war und dass wir tatsächlich nicht "selbstgenügsam" sind... sondern eine berechtigte Sehnsucht nach Erfüllung haben, nach tiefer Zufriedenheit, die wir nur leider (?) allein nie erlangen können. Die Autorin ist überzeugt, dass jede unserer Wüstenerfahrungen uns die Chance gibt zu erkennen, wie sehr wir Gott brauchen, der letztlich der einzige ist, der unseren Mangel wirklich ausfüllen und uns dauerhaft zufrieden machen kann.
In der Theorie leuchtet mir das durchaus ein... aber die Praxis braucht bei mir da eindeutig noch Zeit. Zumindest aber erscheint es mir schon jetzt als schönes Ziel, eines Tages vielleicht sogar mit Dankbarkeit auf diese Wüstenzeiten zurückblicken zu können.

Ich war übrigens heute zur Nachkontrolle bei meiner FÄ und auch die Gewebeuntersuchungsergebnisse waren angekommen: alles soweit in Ordnung, Gott sei Dank.

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