#1

Für immer geliebt - unser Jonne

in Eure Geschichte 24.11.2023 21:17
von DieMei • 3 Beiträge | 3 Punkte

Ich bin froh, dieses Forum gefunden zu haben und habe schon eine Weile still mitgelesen. Nun möchte ich auch meine Geschichte erzählen. Diese ist auf Grund des langen Weges zum Wunschkind recht lang.

Ich bin 38 Jahre alt und meinem Mann und mir war relativ schnell klar, dass wir Kinder wollen und starteten 2017 mit dem Vorhaben: wir gründen eine Familie.
Bei meiner Frauenärztin wurde mein Hormonstatus kontrolliert, Ergebnis alles in Ordnung.
Mein Mann lies ein Spermiogramm machen, Ergebnis auch alles in Ordnung.
Meine Frauenärztin empfahl dann, uns an eine Kinderwunschklinik zu wenden.
2019 folgte im Rahmen einer Bauchspiegelung der Zufallsbefund Endometriose. Für mich ein Schock, da ich nie wirklich große Probleme hatte.
Die Kinderwunschklinik sagte direkt, mit dem Befund Endometriose machen wir direkt IVF.
Es folgten Versuch 1 bis 3,wobei wir jeweils immer 2 Eizellen zurückführen lassen haben. Befruchtet werden konnten max. 2 oder 3.
Der 3. Versuch sollte dann funktionieren und ich war so froh, als ich am Telefon die Bestätigung bekam, dass ich schwanger bin. Die Schwangerschaft endete dann in einer missed abortion mit anschließender Ausschabung (über andere Möglichkeiten wurde ich weder von der Frauenärztin noch von der Klinik aufgeklärt). Da ich nie einen Herzschlag gesehen hatte, konnte ich dies recht schnell verarbeiten und trauerte auch gar nicht lang, da ich ja nun wusste, dass ich schwanger werden kann.

Wir wechselten nach diesem Versuch die Klinik, weil wir uns in der Klinik dann doch nicht gut betreut fühlten.
In der neuen Klinik waren Versuch 4 und 5 auch kein Erfolg. Ein Gespräch mit dem Arzt ergab nur, dass er auch keinen richtigen Grund weiß, warum es nicht klappt und wir eigentlich nur auf die eine gute Eizelle warten müssen, die sich dann einnisten kann. Auch hier war immer das Maximum 3 befruchtete Eizellen.

Im Internet fand ich dann, dass Ubiquinol die Eizellen verbessern soll und nahm dies vor dem 6. Versuch nun fleißig.
Und was soll ich sagen, der Versuch im August endete mit einer Schwangerschaft mit einem Baby. Im Ultraschall sah man dann allerdings ein Hämatom (laut Ärzten wahrscheinlich der Versuch eines Zwillings sich einzunisten). Also hieß es von vornherein großes bangen und ich konnte mich auch nicht wirklich freuen. Eine leichte Überstimulation und eine Blasenentzündung krönten dann noch alles.
Aber mit Woche zu Woche und von Ultraschall zu Ultraschall fasste ich Mut, dass alles gut wird.
Der Ultraschall an 11+0 brachte mir dann die Gewissheit, dem Baby geht es gut, es turnt und das Herz schlägt kräftig. Das war an einem Montag. Für mich war klar, deinen Babybauch (da ich recht schlank bin, war dieser nun schon zu sehen) willst du nicht mehr verstecken. Ich erzählte den Kollegen von meinem Glück und alle freuten sich mit mir. Dieses Glück sollte jedoch nicht lang anhalten...
Freitag Abend der Schock...ich merkte schon ein komisches ziehen und dann der Toilettengang..ich hatte Blutung...altes, braunes Blut...meine Frauenärztin sagte, dass das sein kann,wenn das Hämatom doch abbluten sollte. Mein Mann brachte mich sofort ins Krankenhaus. Im Ultraschall war zu sehen, dass es dem Baby weiterhin gut geht, also Bettruhe und gucken was weiterhin passiert. Es wurden dann noch erhöhte Entzündungswerte in meinem Blut festgestellt. Ich war aber nicht erkältet, nur die Blasenentzündung 3 Wochen vorher. Die Blutung verringerte sich noch im Laufe der Nacht und am Samstag war nur hier und da noch ein wenig Schmierblutung vorhanden. Am Sonntag gesellte sich dann etwas Fieber dazu, was aber auch nur den einen Tag anhielt. Die Ultraschallkontrolle zeigte auch ein fittes Baby und ich bekam die Aussicht, dass ich an dem Montag wieder nach Hause dürfe.
Die Visite am Montag war auch positiv gestimmt und selbst der Chefarzt sagte, da würde jetzt nicht mehr viel passieren. In Woche 12+0 wäre jetzt alles so gefestigt, dass er sich da keine Sorgen machen würde. Das Hämatom wäre abgeblutet. Wir hatten uns dann darauf geeinigt,dass ich doch noch einen Tag bleibe um die Entzündungswerte weiter abklären zu lassen.
Gegen Mittag wurde ich dann nochmal zur Untersuchung geholt. Die Oberärztin erklärte mir, dass nun Urin mit Katheter abgenommen wird, da die normalen Urinproben unauffällig waren. Auch erklärte sie mir, dass ich Antibiotikum bräuchte, da das Ergebnis vom Vaginalabstrich von Freitagabend nun da wäre und hier vereinzelt Bakterien festgestellt wurden.
Ich war leicht verunsichert, aber versuchte Positiv zu bleiben. Jedoch kehrten die Blutungen ab nachmittags zurück, erst nur wenig, dann kamen Krämpfe dazu, und gefühlt von Stunde zu Stunde wurden die Blutungen und Krämpfe schlimmer. Ich bekam gegen 19 Uhr noch einmal Ultraschall, weil die Diensthabende Ärztin gucken wollte, wie es dem Baby geht. Es war ein fittes und turnendes Baby zu sehen. Der Muttermund zeigte allerdings einen leichten Trichter und ich wusste, dass das nicht gut ist.
Ich bekam irgendwann einen Toilettenstuhl auf mein Zimmer mit der Bitte, nur noch dort rauf zu gehen, damit das Baby nicht ins Klo fallen würde.
Bei einem Toilettengang, irgendwas gegen 23 Uhr, plumbste dann tatsächlich etwas in den Topf. Ich konnte vor Angst nicht gucken und klingelte nach der Schwester. Diese nahm den Klumpen und sagte: "dass ist nicht das Baby. Ich zeige es aber der Ärztin." Sie holte mich dann nach ein paar Minuten für einen Ultraschall. Dieser zeigte dann eine leere Fruchthöhle, mein Baby hing irgendwo im Muttermund. Als ich vom Untersuchungsstuhl aufstehen wollte, ploppte mein Baby quasi einfach aus mir raus. Ich blieb sitzen, mein kleines Baby zwischen meinen Beinen. Die Hebamme wurde noch dazu gerufen. Dies löste dann das Baby zwischen meinen Beinen und sagte mir, dass mein Baby ein Junge ist. Ich war in dem Moment so geschockt und konnte ihn mir nicht direkt ansehen.
Die Plazenta löste sich nicht, ich blutete stark und so wurde ich in kürzester Zeit für den Op zur Ausschabung vorbereitet.
Am Dienstagmorgen konnte ich mir unseren Sohn dann ansehen,er war so perfekt und einfach nur so klein. Es war alles da und er hätte einfach nur wachsen müssen.
Nach der Visite durfte ich auch nach Hause. Mein Mann holte mich mit unserem Sohn ab. Wir hatten uns entschieden, ihn nicht zur Obduktion zu geben sondern mit nach Hause zu nehmen und ihn hier zu beerdigen.
Wir betteten ihn auf Blumen, legten ein Bild von uns dazu und versahen seinen "Sarg" mit den Worten "Für immer geliebt".

Das alles ist nun fast 4 Wochen her und mir kommt das momentan alles wie ein Film vor. Das einzige, was mich erinnert, dass das alles wirklich passiert ist, sind die Ultraschallbilder.
Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht weine und an dem ich meinen Babybauch vermisse. Und die ständige Frage, warum ich diesen schweren Weg gehen muss. Und was sich das Schicksal dabei gedacht hat.

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#2

RE: Für immer geliebt - unser Jonne

in Eure Geschichte 25.11.2023 05:42
von Susanne • 4.599 Beiträge | 4617 Punkte

Liebe Mei, herzlich Willkommen und mein Mitgefühl für Deinen Verlust. So ein langer Kinderwunschweg und dann dieser Verlust... es ist schwer, das zu begreifen und zu akzeptieren. Solche Erlebnisse vermitteln oft rückblickend den Eindruck, dass das gar nicht passiert sein kann. Aufgrund deiner Erzählung habe ich den Eindruck, dass Ihr in dem Krankenhaus gut aufgehoben wart. Sie waren recht umsichtig und scheinbar geübt. Auch ist es recht unbürokratisch und empathisch, dass ihr Euren Sohn mitnehmen durftet, um ihn bei euch beerdigen zu dürfen. Haben Sie gesagt, was ihre Vermutung ist, warum das passiert ist?
Wie geht Dein Mann mit dem Schicksalsschlag um? Wie sieht Dein Alltag aus? Kannst Du mit jemandem reden?
Fühl Dich gedrückt, Susanne

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#3

Für immer geliebt - unser Jonne

in Eure Geschichte 25.11.2023 08:34
von DieMei • 3 Beiträge | 3 Punkte

Im Krankenhaus waren zumindest die Hebammen und Krankenschwestern super. Über den ein oder anderen Arzt wollen wir nicht sprechen. Dass wir unseren Jonne allerdings mit nach Hause nehmen durften, erwähnte keiner. Meine Familie gab uns die Information, dass dies auch möglich ist. Mussten also explizit nachfragen. Danach war alles sehr unkompliziert. Und es ist für uns so richtig, dass er zu Hause ist. Ich werde nie das Gefühl vergessen mit ihm gemeinsam das Krankenhaus verlassen zu haben.

Eine wirkliche Erklärung haben die Ärzte tatsächlich nicht. Sie vermuten nur, dass mein Körper selbst entweder mit einer Infektion zu kämpfen hatte und einfach entschieden hat, Ballast los zu werden. Oder die Bakterien sich doch bis zur Gebärmutter vorgearbeitet haben und die Fehlgeburt ausgelöst haben. Natürlich bleibt auch nicht ganz auszuschließen, dass mit unserem Jonne doch etwas nicht stimmte. Der Histologische Befund der Plazenta und des Gewebsknubbels liegt auch immer noch nicht vor. Vielleicht gibt es dort noch andere Erkenntnisse.

Meinem Mann hat es erst auch die Füße unterm Boden weg gezogen und wir haben 2 Tage viel miteinander geweint. Er hat sich hier zu Hause unseren Jonne auch angeschaut, bevor wir ihn beerdigt haben und er sagt, erst da wurde es für ihn begreifbar. Er kommt mit dem Verlust aber viel besser zurecht. Und durch Gespräche mit seinen Freunden kann er das auch gut verarbeiten. Wir reden offen darüber, dass er als Mann anders trauert und was auch völlig in Ordnung ist.

Nachdem ich fast 3 Wochen zu Hause war, entschied ich mich diese Woche wieder arbeiten zu gehen. Ich habe das Glück, dass meine Kollegen super sind und ich auch mit ihnen über das erlebte reden kann und darf. Ich wusste, dass sie mir gut tun werden.
Für mich war auch wichtig, ein wenig Routine in meinem Leben wieder zu bekommen. Und die Ablenkung auf der Arbeit lässt das Gedankenkarrussel dann doch mal für eine gewisse Zeit still stehen.
Ich versuche ansonsten auf mich und meinen Körper zu hören, was mir gut tut und was nicht.
Wieder zu mir selbst zu finden, dass ist mein Wunsch. Gleichzeitig den Körper wieder ins Gleichgewicht bringen. Nächste Woche steht auch noch ein Arzttermin an, um die Blutwerte kontrollieren zu lassen. Ich hoffe, dass diese wieder in Ordnung sind.

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#4

RE: Für immer geliebt - unser Jonne

in Eure Geschichte 26.11.2023 06:17
von Susanne • 4.599 Beiträge | 4617 Punkte

Das klingt nach einem recht stabilen Umfeld, einer guten Basis für die Trauerarbeit und einem guten eigenen Gespür für Dich, das ist schön und sind gute Voraussetzungen für einen gelingenden Prozess. Hast Du schon eine Idee, was helfen könnte wieder bei Dir anzukommen?


zuletzt bearbeitet 26.11.2023 07:42 | nach oben springen

#5

RE: Für immer geliebt - unser Jonne

in Eure Geschichte 26.11.2023 11:39
von DieMei • 3 Beiträge | 3 Punkte

Die ein oder andere Idee gibt es.
So hat mir die Hebamme eine Heilpraktikerin empfohlen, die mich für mein körperliches Wohl unterstützt. Den ersten Termin empfand ich auf jeden Fall als sehr angenehm.
Für das seelische Wohl oder was für mich in der Trauerarbeit sinnvoll wäre, bin ich noch recht unsicher.
Die größte Herausforderung für mich ist in dem Ganzen um Hilfe zu bitten. Denn ich bin eher der Mensch, der nicht so gern nach Hilfe fragt.

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