Hallo zusammen,

Ich schreibe hier weil ich das Gefühl habe, dass ich mit niemandem richtig sprechen kann. Ich habe das Gefühl dass ich meine Freunde mit meinen Geschichten und meinem Redebedarf nerve und überfordere. Zudem können sie es auch einfach nicht nachvollziehen und dann fühle ich mich nicht verstanden, was mich dann noch mehr runterzieht. Mit meinem Mann rede ich sehr viel und das tut auch gut aber ich will auch ihm nicht jeden Tag das selbe erzählen.
Also, zu meiner Geschichte.
Ich bin 31 und versuche erst seit einem Jahr schwanger zu werden. Das erste mal hat es im Januar geklappt. Wir waren so überglücklich und es war auch alles gut, Herzschlag alles da wo es hingehört und ich hatte ordentliche SS Anzeichen. Bei einer normalen Kontrolle in der 13. SSW wurde dann kein Herzschlag mehr festgestellt und wir mussten uns von dem kleinen verabschieden. Ich habe eine Ausschabung machen lassen, da mein Körper im vollen SSW Modus war und ich den Gedanken nicht fassen konnte noch einige Wochen mit meinem toten Baby im Bauch zu sein. Wir haben uns danach eine Weile Zeit genommen um uns dann wieder heranzuwagen, voller Motivation und Freude. Nun war es vor ein paar Wochen wieder so weit. POSITIV hat der Test angezeigt :) wow, wir waren überwältigt, dass wir das Glück haben „so schnell“ wieder schwanger zu sein. Im ersten Ultraschall Anfang der 6.SSW wurde unsere Euphorie gebremst. Viel zu wenig zu sehen. Zwar die intakte Fruchthöhle aber noch kein richtiger Embryo zu sehen, aber bislang erstmal noch keine Panik, kann ja noch alles zu früh sein. Hcg am Tag drauf bei 22.000 und 2 Tage später bei 53.000 Progesteron bei 50 . Nach 3,5 Wochen durfte ich erneut zum Ultraschall und dann kam die ernüchternde Wahrheit, der kleine Krümel konnte sich nicht richtig entwickeln, kein Herzschlag Ende 9. SSW. Mein Körper wieder voll im SS Modus. Also wieder Ausschabung.

Das ganze ist nun 3 Wochen her.
Da ich bei Schwangerschaft sofort in ein Beschäftigungsverbot muss, wissen bei mir auf der Arbeit natürlich viele Menschen Bescheid und dort wird kaum noch mit mir gesprochen ( wahrscheinlich weil sie nicht wissen was sie sagen sollen). Ich fühle mich als ob ich den Menschen um mich herum zu viel bin. Als ob ich mich „zusammenreißen“ soll, damit es denen nicht so schwer fällt.

Ich weiß nicht ob das Forum für mich das richtige ist, es gibt so viele schlimmere Schicksale. Ich hoffe dass ich mich hier nicht so verstellen muss wie in meinem Alltag und dass mich das stärken kann für den nächsten Versuch.

Liebe Grüße
Tschulii

Danke für deine lieben Worte.

Mein Alltag fühlt sich relativ schwierig an, da ich nun auch wieder arbeiten gehe und ja am meisten beschäftigt bzw. Erschöpft mich das verstellen auf der Arbeit. Es ist dort so, dass ich eigentlich immer einen frechen Spruch auf den Lippen habe und sehr aufgeweckt bin. Bin ich das nicht, so wie momentan, sondern einfach neutral und freundlich und etwas ruhiger, dann verhalten sich meine Kollegen total abweisend und ignorieren mich und nehmen Abstand. Wenn ich mich aber künstlich so aufgeweckt gebe, verhalten sie sich normal ( was mir persönlich gut tut denn ich brauche diesen gewohnten Alltag ) wenn ich das allerdings den halben Tag durchziehe , steige ich danach in mein Auto und bin total ausgebrannt und generell wahnsinnig sensibel, was in meinem Job nicht gerade förderlich ist ( ich bin Vollzugsbeamtin ).

Mein Partner ist sehr einfühlsam und hat mich beide Male so gut aufgefangen. Er ist auch traurig und enttäuscht, ist aber noch voller Hoffnung. Er nimmt sehr viel Rücksicht auf mich und meine Entscheidungen und lässt mich weinen wann immer ich weinen will und wir unternehmen sehr viele schöne Dinge zu zweit um unsere Zweisamkeit und unsere ganz frische Ehe einfach auch weiterhin mit positiven Erinnerungen zu füllen. Mit meinem Mann bin ich wirklich sehr sehr glücklich und könnte mir kaum eine bessere Stütze vorstellen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Ja funktionieren trifft es ganz gut.

Vom ersten haben wir uns verabschiedet ja , wir haben ein Baum gepflanzt und ich habe ein Abschiedsbrief geschrieben. Diesmal haben wir das nicht so aktiv betrieben da wir nach dem ersten Ultraschall schon gesagt bekommen haben 50/50 Chance und dann haben wir uns irgendwie schon mental etwas vorbereitet und haben uns dann einfach einige Tage nur für uns beide genommen und haben uns aktiv durchhängen lassen, was auch wirklich gut tat.

Momentan fühle ich mich eigentlich am meisten enttäuscht von meinem Umfeld und ärgere mich, dass ich mir selbst nicht noch bisschen Zeit gegeben habe und ein schlechtes Gewissen bekomme, wenn ich daran denke mich eventuell krankschreiben zu lassen.

Im Großen und ganzen ist es ein Gefühlschaos, von einem euphorischen Gefühl ins sensible weinerliche dann wieder gereizt und dann wieder enttäuscht. Ist vielleicht auch der Hormoncocktail

Hallo Tschulii,
Mir tut es auch sehr leid, dass du auch zum 2. Mal diese Erfahrung machen musstest. Ich habe mich in deinem Text sehr wiedergefunden. Wenn du dich austauschen möchtest, kannst du mir gerne eine Nachricht schreiben.
Deine Gefühle sind nicht zu viel und du bist damit nicht allein.
Alles Liebe, Camilla

Das ist eine gute Idee Susanne vielleicht lässt es sich besser in meinem Kopf sortieren. Danke für diese idee und dass ich mich hier so offen mitteilen konnte/ kann.

Liebe Tschulli, willkommen und mein Mitgefühl für dein Beileid.
Ich gebe Susanne recht, sei lieb zu dir selbst und Vergleiche nicht mit anderen. Klar gibt es Menschen die noch mehr Verluste in Kauf nehmen müssen/mussten. Das macht deine Verluste nicht weniger schmerzhaft.

Ich habe lange nach einer schlichten Kleinigkeit gesucht die mich erinnern lassen können, aber mir auch Ruhe geben, mich von meinem Kind zu verabschieden. Ich habe irgendwann ein kleines Armband mit einem Stern und einer Perle für das verlorene Kind entdeckt. Das trage ich immer bei mir und das fühlt sich gut an.
Und was ganz wichtig war, Raum in dem ganz klar war, dass meine Gefühle und ich nicht zu viel sind. Ich war/bin bei einer Selbsthilfegruppe und meiner Therapeutin. Das hat meinem Kopf viel Raum gegeben, außerhalb dieser Momente, wo endlich mal Platz war für meine Gefühle.
Aber das hat auch keine Eile, nimm dir die Zeit die du brauchst, bei mir hat es eine Weile gedauert…

Liebe Tschulii,
fühl dich willkommen und frei, du selbst zu sein, mit allen deinen Gefühlen. Bitte rede deinen Schmerz nicht klein, du hast jedes Recht dazu, dich so zu fühlen.
Es ist sehr schade, dass du dich auf der Arbeit verstellen musst. Ich hab leider auch, die Erfahrung gemacht, dass in meinem Freundes- und Familienkreis keiner so recht, weiß, wie er mit mir umgehen soll. Und für die Kollegen stelle ich es mir noch schwieriger vor.
Ich möchte dir vor allem Mut machen, dass du auf dich und deine Gefühle achtest und dich gut um dich kümmerst. Ich glaube, bei der Arbeit etwas vorspielen und funktionieren ist keine gute Idee. Das mag kurzfristig vielleicht noch klappen, aber du schreibst ja, dass es dich jetzt schon sehr belastet und Energie zehrt.
Vielleicht würde dir eine Krankschreibung helfen, mehr Zeit zu haben zum Verabschieden und Verarbeiten und etwas gefestigter zu sein, wenn du wieder arbeiten gehst? Drei Wochen ist eine echt kurze Zeit. Wenn du sonst eigentich ein gutes Verhältnis zu deinen Kollegen hast, könnte es auch einen Versuch wert sein, deren Verhalten in einer ruhigen Minute offen anzusprechen? Vielleicht sind sie einfach nur überfordert und wissen nicht, was sie sagen sollen?
Es klingt so schön, wie du über deinen Mann und eure Beziehung schreibst! Es ist nicht selbstverständlich, dass ihr den Verlust gemeinsam bewältigt.

Liebe Grüße, Rina

Hallo ich bin neu hier und wollte auf diesem Weg versuchen gleichgesinnte zum Austausch zu finden.
Mir geht es ähnlich.
Ich hatte 2021 eine Missed Abortion. 2022 eine biochemische Schwangerschaft und nun hänge ich wieder in der Luft mit unerträglicher Wartezeit und nicht zu wissen wie es weitergeht bzw ob wir unser Traum jemals in Erfüllung geht.
Familie und Freunde auch Kollegen sind keine große Hilfe. Die engsten wissen es, aber wissen auch nicht damit umzugehen.
Ich habe oft das Gefühl ausgeschlossen zu werden um mich vlt zu schützen aber dass ist geradezu das falsche, da merk ich dann ja ich bin vermutlich anders😞

Hallo Hopeful,
willkommen und schön, dass du den Weg hierher gefunden hast :)
Möchtest du ein wenig mehr von dir erzählen?
Ich glaube nicht, dass du "anders" bist, viele sind einfach selbst überfordert, wenn sie die Erfahrung noch nicht gemacht haben und vermeiden das Thema dann lieber. Hier kannst du dich aussprechen.
Habt ihr denn schon Untersuchungen machen lassen oder in die Wege geleitet?

Liebe Grüße, Rina

Liebe Rina,

Ja vielleicht ist eine kleine weitere Auszeit doch das bessere. Ich werde es mir nochmal durch den Kopf gehen lassen. Ich glaube auch dass meine Kollegen nicht wissen wie sie mit mir umgehen sollen, richtig böse kann ich denen das auch nicht nehmen aber dennoch enttäuscht es einen ( komische Logik ).

Danke ja ich weiß dass das nicht selbstverständlich ist und eine Partnerschaft wahnsinnig darunter leiden kann. Ich bin sehr dankbar dafür.

Hey du,
es tut mir Leid, dass du das erleben musstest. Gerade wenn man noch keine Kinder hat, ist das so schmerzhaft. Und man stellt ja irgendwie alles in Frage.
Nach meiner ersten FG war ich damals nach 2 Monaten wieder arbeiten (wäre meine Leitung nicht so arschig gewesen und hätte mir die Gewerkschaft nicht geraten so und solange weg zu bleiben, vllt hätte ich auch früher wieder gearbeitet). Trotzdem hatte ich (vllt auch wegen dem Ärgernis im Job) lange damit zu kämpfen und später wurde ich (ok, auch wegen Mobbing) nochmal einige Zeit krankgeschrieben und hab meine Stelle gewechselt. Erst da hab ich gemerkt, dass ich mehr Zeit zum einfach nur Trauern gebraucht hätte. Ich hatte dann glaube ich Depressionen. Es war die Hölle, ich konnte mich nicht einmal anziehen morgens. Dafür war das verstellen endlich zu Ende.
Versuch ehrlich zu dir zu sein. Du musst dich nicht verstellen. Lass dich krankschreiben, wenn es dir dann besser geht. Letztlich ist es so: danken tuts dir keiner.
Ich hab mich auch oft allein und unverstanden gefühlt in der Zeit. Ich habe auch zu vielen den Kontakt abgebrochen. Inzwischen bin ich sehr fein damit. Mir fehlt natürlich auch manchmal der Austausch, aber es passiert halt nunmal nicht so häufig und da bin ich froh dieses Forum gefunden zu haben.