Am 24. April kam unsere Tochter zur Welt - überraschend dreieinhalb Wochen zu früh, mit den Füßen voran und in eiligem Tempo. Sie konnte es wohl kaum erwarten, von ihren Eltern in die Arme geschlossen zu werden, die ihre Ankunft so sehnlich erwartet hatten! Wir sind jetzt eine sehr glückliche kleine Familie: Mama, Papa, Töchterchen mit zwei Sternchen am Himmel.
Meine Kinderwunsch-Geschichte begann im Herbst 2021. Nach langen Jahren der beruflich bedingten Fernbeziehung, waren mein Freund und ich endlich zusammengezogen, beide Anfang 30, wir wollten nicht länger warten: Wir wollten endlich Eltern werden! Ich hatte schon vor dem ersten Versuch große Ängste vor einer schwierigen Kinderwunschzeit. Umso überraschter war ich, dass es sehr schnell geklappt hat. Nach zwei Zyklen war ich schwanger - und wir überglücklich, enthusiastisch, aufgeregt, auch ein bisschen nervös. Sofort fing das Kopfkino an. Wie würde mein Leben mit Kind aussehen? Was würden wir für eine Familie sein? Nach nur zweieinhalb Wochen die große Ernüchterung: Eine Schmierblutung und ein Gyntermin, bei dem schon nichts mehr zu sehen war auf dem Ultraschallgerät. Laut Frauenärztin "nur ein Windei" - für mich emotional eine ganze Welt, die zusammengebrochen ist! Wir trauerten sehr, doch der Wunsch, es gleich nochmal zu versuchen, war stark und so warteten wir nur einen Zyklus ab und versuchten es gleich nochmal. Ich hatte riesige Ängste, dass es diesmal länger dauern würde, bis es klappt, doch wieder hatten wir Glück: Nach zwei Wochen hatte ich einen positiven Test in der Hand und freute mich, wenn auch verhaltener. Denn diesmal war von Anfang an auch die Angst mein täglicher Begleiter. Es folgten schreckliche Wochen, ein ständiges Auf und Ab. Wieder Schmierblutungen, Panik, Entwarnung: Da war ein Embryo, wenn auch kleiner als gedacht, und dann war da auch ein Herzschlag. Würde dieses Herzchen stark genug sein, um weiterzuschlagen? Viele Jahrzehnte lang? In der 9. Woche trauten wir uns vorsichtig optimistisch zu sein und uns zu freuen. Gerade hatten wir uns entspannt, dann in der 10. Woche wieder der große Schock! Gyntermin, Ultraschall, leider kein Herzschlag mehr. Es war einer der schrecklichsten Momente meines Lebens. Zu der Trauer um unser zweites Sternchen gesellten sich jetzt quälende Fragen und große Angst. Warum passiert uns das zwei Mal hintereinander? Was, wenn etwas nicht stimmt? Wenn wir das nun immer wieder und wieder erleben müssen? Was wenn wir nie Eltern werden können? Außerdem war da der Neid auf "alle" anderen, bei denen es scheinbar so einfach klappt. Es hat mich innerlich zerfressen. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, verordneten wir uns eine Pause von ein paar Monaten, die wichtig war, um das Erlebte zu verarbeiten. Wir ließen Diagnostik vornehmen - ohne Befund - und versuchten, weiterzuleben und die Hoffnung nicht aufzugeben. Wir heirateten im Sommer und versuchten es danach wieder. Erneut hatten wir großes Glück, wofür ich sehr dankbar bin! Im zweiten Zyklus war ich erneut schwanger, ein neuer Versuch, der dritte...
Wieder waren die ersten Wochen von viel Unsicherheit und Ängsten geprägt. Dieses Forum und der Austausch mit anderen Betroffenen hat mir sehr dabei geholfen, sie durchzustehen. Ich habe jeden Tag in mich hineingehorcht. Jeder Gyntermin war eine Qual. Jedes Mal habe ich mich innerlich gewappnet, dass es wieder passieren könnte und war unendlich erleichtert und fast ungläubig, wenn ich hörte, dass alles gut aussah. Die 14. Woche und das Ersttrimesterscreenig waren meine innere Hürde, die es zu nehmen galt. Als sie endlich genommen war, konnte ich mich entspannen und - damit habe ich mich selbst am Meisten überrascht - meine restliche Schwangerschaft vollkommen genießen! Die ganze Zeit vorher war ich voller Ängste gewesen und hatte das Vertrauen in meinen Körper komplett verloren und dann war da plötzlich eine Ruhe in mir und das Vertrauen, dass jetzt alles gut wird! Am Ende habe ich mich sogar getraut, mein Kind vaginal in Beckenendlage zur Welt zu bringen - an der Uniklinik in Frankfurt. Sie kam mit den Füßen voran, nach spontanem Blasensprung und nur wenigen Stunden Wehen. Es war eine komplikationslose, gute Geburt und der Moment, als sie dann endlich unter mir lag (ich habe im Vierfüßlerstand geboren), war der schönste Moment meines bisherigen Lebens. Auch wenn es vielleicht kitschig klingen mag, es stimmt! Ein kleines, glitschiges, rotes, brüllendes Menschlein lag da zwischen meinen Knien: Meine Tochter! Ich bin unendlich dankbar, dass ich das erleben durfte und dass es sie gibt!
Meinem ängstlichen, verzweifelten Ich vor einem Jahr würde ich heute gerne zurufen:
Gib nicht auf, kämpfe! Niemand kann dir garantieren, dass es am Ende klappen wird, aber du kannst kämpfen und alles dafür tun, was in deiner Macht steht! Schäme dich nicht für deine Gefühle. Nicht für deine Trauer, nicht für deine Wut, nicht für deine Angst und auch nicht für deinen Neid. Es ist nur menschlich, dass du so fühlst und es zeigt nicht, dass du ein schlechter Mensch bist; es zeigt nur, wie stark dein Wunsch ist! Lass deinen dunklen Gefühlen Raum, aber lass sie nicht überhand nehmen. Lass die Hoffnung überwiegen! Mit ein bisschen Glück wirst auch du eines Tages ein Regenbogenkind in den Armen halten. Es wird dich nicht vergessen lassen, was vorher war, aber es wird dir Glück und inneren Frieden bringen.
Heute hängen zwei leuchtende Sterne über dem Wickeltisch und funkeln für die Regenbogenschwester, die endlich zu uns kommen durfte.