#1

Zwei Fehlgeburten mit Ende 30 nach zwei Erdenkindern

in Eure Geschichte 07.06.2023 02:50
von sternenmama_23 • 5 Beiträge | 5 Punkte

Hallo an alle,

es freut mich, dass es dieses Forum gibt, ich habe schon etwas mitgelesen. Wir hatten nach einer sehr langen Kinderwunschzeit unfassbar viel Glück und haben zwei Kinder bekommen. Das jüngere Kind ist jetzt vier Jahre alt. Das war mehr, als ich mir jahrelang hätte vorstellen können. Ich habe trotzdem heimlich von einem dritten Kind geträumt, aber wir waren mit zweien auch schon gut ausgelastet und ich habe mich auch nicht richtig getraut, das Schicksal noch mal herauszufordern. Verhütet haben wir allerdings auch nicht, denn es war fest in unseren Köpfen verankert, dass ich nicht schwanger werde, und so ausdrücklich vermeiden wollten wir beide ein drittes Kind auch nicht. Eine etwas neblige Situation!
Überraschend bin ich im letzten Sommer dann doch wieder schwanger geworden. Ich habe erst in der 9. Woche einen Frauenarzttermin bekommen. Als es endlich soweit war, war schon alles vorbei. Es war kein Embryo zu sehen, nur ein Dottersack und eine deformierte Fruchthöhle. Das war ein Schock, den ich nie vergessen werde. Fast drei Wochen lang habe ich auf die Blutung gewartet, dann habe ich es nicht mehr ausgehalten und mit Cytotec einleiten lassen.

Danach war ich sehr traurig. Einige in meinem Umfeld hatten dafür kein so großes Verständnis, da ich ja schon zwei Kinder habe. Tatsächlich wäre die Verzweiflung darüber, vielleicht nie ein Kind zu bekommen, noch hinzugekommen, wenn ich noch keines gehabt hätte, aber ich glaube, die Trauer um das Sternchen ist trotzdem, wie sie ist. Nach einigen Monaten und nachdem ich viel an der Trauer gearbeitet hatte, z.B. mit Briefen an das Sternchen, ging es mir wieder ganz gut. Wir haben es wieder probiert, erst ziemlich "verbissen", dann sahen wir es etwas lockerer und hatten sogar eine glückliche Zeit. Ich wurde erst mal nicht wieder schwanger, was mich aber nicht überrascht hat. Dann klappte es aber doch. Ich hatte dieses Mal ein richtig gutes Gefühl, ich war mir sicher, ich müsste eigentlich nur abwarten und das Kind würde wachsen und glücklich bei uns ankommen. (Bei der dritten Schwangerschaft hatte ich von Anfang an ein schlechtes, irgendwie unheimliches Gefühl.) Wie konnte ich mich nur so irren - ich hatte irgendwann das Gefühl, dass da nichts mehr wächst. Das kannte ich schon von der vorigen Fehlgeburt und wurde nervös. Am Ende der 6. / Anfang der 7. Woche bekam ich bräunliche Schmierblutungen. Ich ging ins Krankenhaus. Der Arzt sah die Fruchthöhle, groß genug für die Zeit, sie war zwar dem Anschein nach leer - aber das war um die Zeit bei meinem ersten Kind genauso gewesen. Ich bin ganz beruhigt nach Hause gefahren und habe ruhig geschlafen. Am nächsten Morgen spürte ich dann einen starken Druck nach unten im Unterbauch, wie bei der Periode, und starke Blutungen setzten ein. Ich fuhr zu dem ohnehin für morgens früh geplanten Frauenarzttermin und meine Ärztin machte mir keine Hoffnungen, weil die Blutung wirklich sehr stark war. Sie verschrieb mir dennoch Progestan und ich holte es sofort in der Apotheke und nahm es auch direkt ein. Es nützte aber nichts - die Blutungen gingen weiter und abends kam dann, wie damals bei der ersten Fehlgeburt, etwas heraus, das vermutlich die Fruchthöhle umschlossen hat. Es war schon wieder vorbei.

Ich dachte zuerst, dass ich das diesmal besser wegstecke als beim letzten Mal, weil es noch so früh war. Aber es nimmt mich mehr mit, als ich gedacht hätte, ich kann gar nicht so genau sagen, wie es mir geht, bin irgendwie völlig durcheinander. Zum Glück bin ich zur Zeit krankgeschrieben - arbeiten zu gehen, wäre mental gar nicht möglich, auch wenn es mir körperlich nicht schlecht geht.

Ich habe mal die Ansicht gehört, man solle sich in der Frühschwangerschaft nicht zu sehr auf das Kind freuen, um sich vor Enttäuschungen zu schützen. Ich wusste aber nicht, wie das gehen sollte, und habe mich sehr gefreut. In fast jeder Minute habe ich an das Kleine gedacht und mir vorgestellt, wie es wäre, wenn es da sein würde. Nun kommt es doch nicht zu uns und ich muss mich ganz plötzlich wieder umstellen. Das Verrückte ist auch: Ich muss bei Verabredungen, die schon vorher ausgemacht waren, und z.B. wenn ich die Kinder in den Kindergarten bringe, ja funktionieren und das klappt auch. Es scheint niemand etwas zu merken, ich habe es nur wenigen erzählt.

Ich merke, dass ich meinen Zustand auch gar nicht so richtig beschreiben kann. Wahrscheinlich brauche ich ganz dringend Zeit alleine, Zeit zum Trauern, auch Zeit ohne meine Erdenkinder, die mich auf Trab halten, so dass ich gar nicht "zu mir" komme. Diese Zeit habe ich eigentlich nur mitten in der Nacht, wie jetzt.

Da ich demnächst 40 werde, ist das vielleicht meine letzte Chance auf ein drittes Kind gewesen. Es wird jetzt noch auf eine Blutgerinnungsstörung (Faktor V Leiden) untersucht, da das in meiner Familie vorkommt und meine Frauenärztin nach den zwei Fehlgeburten den Anlass dafür als gegeben sah.

Ich möchte das Sternchen gerne noch irgendwie würdigen. Einen Brief habe ich ihm schon geschrieben. Vielleicht könnte ich einen Stein im Garten aufstellen. Aber es ist zwiespältig. Ich weiß nicht, ob ich immer an diesem Stein vorbeigehen und traurig sein möchte. Wie habt Ihr das gemacht?

Viele Grüße
Eure Sternenmama_23

Noch ein Nachtrag: Wir hatten schon vor längerem über das lange Wochenende einen Besuch bei Verwandten geplant, den wir jetzt auch trotzdem machen. Daher kann ich hier vermutlich erst in der kommenden Woche wieder schreiben.

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#2

RE: Zwei Fehlgeburten mit Ende 30 nach zwei Erdenkindern

in Eure Geschichte 07.06.2023 07:32
von Dany • 583 Beiträge | 583 Punkte

Liebe Sternenmama,
es tut mir sehr leid, dass du zwei Sternchen ziehen lassen musstest.
Ich bin auch Ende 30, hatte drei FG und habe bisher leider keine lebenden Kinder. Ich kann nur aus meiner Sicht schreiben.
Ich finde, du hast ein großes Herz und viel Liebe zu geben, deswegen ist der Wunsch nach einem dritten lebenden Kind absolut nachvollziehbar und legitim. Und auch die Trauer. Ständig wirst du erinnert, was deine Sternchen nicht werden tun können, welche Entwicklungsschritte sie nicht tun werden, die deine beiden lebenden Kinder gerade durchleben. Auch wenn die Schwangerschaften leider nicht so lange waren, und trotz der Ängste, fängt man an, eine Bindung aufzubauen, hat Gefühle, Vorfreude und Hoffnungen.
Es ist gut, dass du krank geschrieben bist. Gibt es denn Großeltern, zu denen die Kinder mal ein/zwei Tage könnten? Oder könnte dein Mann dich unterstützen, vielleicht einen Tag in den Zoo mit den beiden oder so? Vielleicht könntest du auch zu einer Selbsthilfegruppe? Ich gehe auch erst seit der dritten FG zu Terminen einer Selbsthilfegruppe, ich finde es nicht einfach, mit so vielen Gefühlen, auch der anderen, konfrontiert zu werden, aber es ist Zeit für mich, Zeit mich zu erinnern, Zeit zu trauern. Mir hat auch eine Heilpraktikerin geholfen, aus dem tiefen Tief nach der zweiten FG herauszukommen. Die Termine bestanden immer aus einer Stunde Gespräch, da habe ich für mich immer viele neue Denkanstöße mitnehmen können, und einer Stunde Massage. Das hat mich auch weitergebracht.
Mach dir nicht zu viel Druck, was dein Alter angeht. Ja, wir sind nicht mehr die jüngsten. Und ja, möglicherweise werde ich nie auch nur ein lebendes Kind haben, aber dein Körper hat schon zwei Wunder lebend auf die Welt gebracht, er kann es auch nochmal schaffen, da bin ich zuversichtlich. Es ist gut, dass du weitergehende Untersuchungen machen lässt. Selbst wenn du dich irgendwann entscheiden solltest, dass deine Familie, so wie sie ist, vollständig ist.

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#3

RE: Zwei Fehlgeburten mit Ende 30 nach zwei Erdenkindern

in Eure Geschichte 07.06.2023 07:51
von Susanne • 4.601 Beiträge | 4619 Punkte

Liebe Sternenmama, herzlich Willkommen und mein Mitgefühl für Deine Verluste.

Ich denke wie Du, dass Du Dir kleine Auszeiten nehmen solltest, um nicht nur funktionieren zu müssen. Das ist zwar notwendig, bringt Dich in Deinem Trauerprozess aber nicht weiter. Es gilt auch die Emotionen zu erlauben und zu erleben, aktiv zu werden (sei es durch gestalterisches oder Ausdruck in Form von Schreiben und Helfen anderer wie hier) und zu überlegen, was man tun kann, um den Wunsch doch noch sich erfüllen zu lassen. Angesicht des Alters wären sicher einige Nahrungsergänzungsmittel gut, um die Eizell-/Spermienqualiät etwas zu pimpen. Darüber hinaus ist es auch wichtig auf eine gewisse Fitness, ein gesundes Gewicht und ein gesunde Ernährung zu achten (entschuldige, dass ich es so unverblümt schreibe, viele fühlen sich mnachesmal auf den Schlips getreten, aber es ist nicht immer so "klar").

Was tut Dir außerdem gut, wo bist Du bei Dir? Dinge wie Sauna, Sport, Musik, die Natur, ein Treffen mit einer Freundin können Dir gut tun, um Dich wieder zu fühlen und Dir eine gute Freundin zu sein in einer schweren Zeit.

Ich hoffe, dass Wochenende tut Dir gut und bringt nicht noch mehr Überforderung mit sich.

Liebe Grüße
Susanne


zuletzt bearbeitet 07.06.2023 07:56 | nach oben springen

#4

RE: Zwei Fehlgeburten mit Ende 30 nach zwei Erdenkindern

in Eure Geschichte 10.06.2023 02:41
von sternenmama_23 • 5 Beiträge | 5 Punkte

Liebe Dany,

vielen Dank für Deine lieben Worte und Anregungen. Ich werde nach unserer Rückkehr meinen Mann bitten, mit den Kindern einen längeren Spaziergang zu machen, und mich dann in Ruhe von dem Sternchen verabschieden. (Die Kinder wissen nichts davon und sollen es auch nicht, denn sie erzählen alles weiter.) Ich werde einen Stein in einer etwas versteckteren Ecke des Gartens aufstellen, dann kann ich da hin, wenn ich will, muss es aber nicht ständig sehen. Leider ist der Erinnerungsplatz an das erste Sternchen sehr zentral im Garten, das empfinde ich jetzt nachträglich als nicht so optimal, will das aber auch nicht mehr ändern.

Ich drücke Dir sehr die Daumen, dass Du noch ein Erdenkind bekommst oder, falls es nicht so kommen sollte (was ich nicht glaube), Deinen Weg zufrieden weitergehen kannst. Zu dem Punkt mit dem Alter, es stimmt, da zeigt die Statistik zwar Möglichkeiten, aber ich finde so etwas im Einzelfall auch immer nur begrenzt aussgekräftig, denn man bekommt ja nicht zu soundso viel Prozent ein Kind, sondern entweder ganz oder eben nicht. Meine Frauenärztin sagte auch, dass sie viele Patientinnen hat, die in meinem Alter erst anfangen.

Mir tut hier gerade auch der Kontakt zu zwei Verwandten gut, zwei Frauen, die beide keine Kinder haben und um die 70 sind. Sie hätten zwar früher auch gerne Kinder gehabt, sind aber jetzt zufrieden mit ihrem Leben und strahlen das auch sehr stark aus. Vielleicht hilft mir das (später), mich nicht zu sehr festzubeißen in den Wunsch nach einem weiteren Kind. Im Moment fühle ich mich noch nicht bereit, es weiter zu versuchen.

Ganz liebe Grüße

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#5

RE: Zwei Fehlgeburten mit Ende 30 nach zwei Erdenkindern

in Eure Geschichte 10.06.2023 02:53
von sternenmama_23 • 5 Beiträge | 5 Punkte

Liebe Susanne,

vielen lieben Dank auch Dir für Deine Anregungen. Das mit der Fitness, dem Gewicht usw. ist schon in Ordnung :-) Die Fitness und die Ernährung sind sicherlich ausbaufähig, das Gewicht aber normal. Ich versuche zur Zeit, mehr Fisch zu essen (z.B. Lachs). Bezüglich Nachrungsergänzungsmitteln frage ich mal meine Frauenärztin, auch abhängig davon, was bei der Blutuntersuchung herauskommt, was sich da eignen könnte. Ich bin, ich glaube sogar hier im Forum, auf "pimp my eggs" gestoßen. Ein bisschen Zeit werde ich vergehen lassen, da ich befürchte, dass ich die Traurigkeit sonst irgendwie verschleppe und auch momentan den Eindruck habe, dass mein Mann nur mir zuliebe beim Kinderwunsch mitzieht, es aber eigentlich gar nicht sein Wunsch ist, sondern ihm im Gegenteil eher Sorgen bereitet - Kinder kosten ja viel Geld bzw. verringern die Einnahmen in der Elternzeit, und können einen auch überfordern.

Liebe Grüße
Sternenmama

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