Hallo zusammen,
ich habe mich entschlossen, hier die Geschichte meiner Fehlgeburt zu erzählen, weil ich hoffe, dass ich besser loslassen kann, wenn einmal alles gesagt (geschrieben) ist und weil ihr hier die Situation versteht und es vielleicht sogar auch die ein oder andere gibt, die die gleichen (negativen, bösen) Gedanken hat wie ich.
Zu meiner Situation: ich bin schon 38 Jahre alt, seit 4 Jahren mit meinem Freund (43) zusammen. Wir waren beide verheiratet, meine Ehe blieb kinderlos, er hat zwei Jungs (8 und 12 Jahre alt). Ende Oktober 22 haben wir beschlossen, dass wir es mit einem gemeinsamen Kind versuchen werden. (Versuchen, ob es klappt 😉. Nicht mit einem Kind versuchen!)
Um Ostern diesen Jahres waren die „Schmerzen“, die jeden Monat meine Periode ankündigen, dann irgendwie anders und länger als sonst, meine Tage blieben aus… Schwangerschaftstest positiv 😍. Wir waren überrascht, dass es doch so verhältnismäßig schnell ging und haben uns beide mega gefreut. Gerade er!
…
Nun ja, alles verlief super bis zum letzten Wochenende. Wir waren essen mit Freunden, ich musste zur Toilette und da sah ich Blut im Slip und auch einen Blutklumpen in der Toilette. Wir sind direkt los ins Krankenhaus, Fahrtzeit ca. 40 Minuten. (Besonders schön für mich: ich musste fahren, weil es beim Essen natürlich das ein oder andere alkoholische Getränk gab.) Im Krankenhaus dann das, was man nicht hören will: „es gibt keinen Herzschlag“. 🥲 Auch wenn ich auf dem Weg dahin schon keine Hoffnung mehr hatte, darauf war ich nicht vorbereitet! Und auch nicht, auf das, was danach kam. Ich solle am Montag zu meiner Frauenärztin, die erkläre mir dann, wie es weiter gehe. Natürlich könne ich mich auch in der Klinik weiterbehandeln lassen, dann müsse mir meine Ärztin aber am Montag eine Überweisung ausstellen. 🙄🤮. Für mich war das in dem Moment „es tut mir leid, ihr Kind ist tot, einen schönen Abend noch, auf Wiedersehen“. Nichts weiter.
Ich habe mich noch ein bisschen aufgeregt, aber eigentlich nur noch geweint. Wir sind dann zusammen völlig fertig und unendlich traurig ins Bett gegangen in der Hoffnung, trotz der Trauer zumindest ein bisschen traumlosen Schlaf zu bekommen.
Es wurde die Horrornacht meines Lebens ohne auch nur eine Sekunde Schlafe. Ich hatte unendlich starke Schmerzen (meiner Meinung nach müssten sich so Wehen anfühlen) und das Blut lief nur so aus mir heraus. Mit einem großen Handtuch zwischen den Beinen bin ich zur Toilette und da kamen dann immer mit einem „Plopp“ dicke Klumpen. Immer habe ich geguckt, ob ich in irgendeinem dieser Klumpen mein Kind erkenne, so richtig irre. Dann zurück ins Bett, bewaffnet mit allen Handtüchern, die gerade greifbar waren. So ging das die ganze Nacht. Ich hatte wirklich starke Schmerzen und natürlich keinerlei Schmerzmittel im Haus, wenn man sie mal wirklich braucht. Am Ende der Nacht waren 6 große Handtücher voll Blut und meine gesamte Bettwäsche (irgendwann hatte ich noch geistesgegenwärtig einen großen Müllsack unter das Laken geschoben, um Schlimmeres zu verhindern), ich hatte diverse Male meine Blutspuren auf dem Boden beseitigt und stand 2x unter der Dusche. Mein Kreislauf war völlig im Keller, so dass ich später immer meinen Freund wecken musste, damit er mich aus dem Badezimmer abholt, weil ich sonst spätestens auf dem Rückweg zusammen gebrochen wäre.
(Bevor jemand fragt: natürlich wollte er wieder mit mir ins Krankenhaus und als mein Kreislauf immer abgesackt ist, natürlich auch einen Krankenwagen rufen, aber das wollte ich nicht.)
(Sonntag)Morgens war die Blutung dann so, dass ich entschieden habe, auch noch einen weiteren Tag mit dem Arztbesuch warten zu können, weil ich einfach nur noch liegen wollte (und konnte) und versuchen wollte zu schlafen. Die Schmerzen waren nun auch auszuhalten. Wir mussten jedoch erstmal in die Notapotheke, um mir irgendwelche Binden / Vorlagen zu holen, weil mir auch die im Krankenhaus ja nicht angeboten wurde bzw. gab es keinerlei Hinweis darauf, dass ich mit ‚so etwas’ zu rechnen habe.

Die Frauenärztin am Montag, übrigens die Urlaubsvertretung von meiner 🙄, war richtig nett und sehr empathisch und sagte mir, ich habe das Schlimmste bereits überstanden. Außer, dass ich immer noch ein bisschen schwach auf den Beinen bin, geht es mir körperlich auch einigermaßen gut.
In meinem Kopf sieht es allerdings ganz anders aus. Ich fühle mich völlig leer und auch alleine. Ich weiß, mein Freund leidet genauso, schließlich war es auch sein Kind, und allein die Tatsache, dass es mir schlecht geht, bereitet ihm großen Kummer, aber ich unterstelle ihm (gedanklich), dass er nicht so traurig ist und mich auch nicht verstehen kann, weil er ja auch schließlich 2 gesunde Kinder hat. Wegen denen hat er - im Gegensatz zu mir - ja auch Alltag. Die Kinder haben Termine usw. Und ja, die beiden können auch überhaupt nichts dafür, aber trotzdem ist die Kinderzeit ja nicht meine Zeit. In meinem Schmerz kann ich leider nicht so rational denken und finde es deshalb furchtbar ungerecht, dass er nicht (ausschließlich) für mich da ist!

Entschuldigt bitte die Länge des Textes.

Hallo Susanne,
Danke für deine Worte.
Bei meinem Mann ist es nicht so, dass er nicht trauert über den Verlust oder so, das Problem ist mein Problem, weil er ja einfach Aufgaben hat und nicht tagsüber seine Zeit damit verbringt die Decke anzustarren. Er muss halt auch funktionieren und das ist gut. Aber ich kann halt im Moment nicht funktionieren und deshalb hätte ich ihn einfach lieber 24 Stunden an meiner Seite.

Ungewollt kinderlos blieb meine Ehe nicht, aber die Ursachen dafür lagen auf der anderen Seite. Ich denke, auch das hat einfach das Schicksal entschieden. Wie auch, dass es nun sofort geklappt hat und halt doch nicht sein sollte.
Alle versuchen mir Mut zu machen, dass es beim nächsten Mal gut wird, mein Mann übrigens auch, aber ich weiß aktuell nicht, ob ich nochmal bereit bin.

Ja, ich bin die Woche krankgeschrieben und recht froh darüber, dass mir die Termine beim Arzt wenigstens eine kleine Struktur geben.
Ich habe eine Kiste gepackt mit Erinnerungen und einen Brief zum Abschied geschrieben. Ich glaube, das hilft erstmal. Wenn es mir körperlich gut geht, werde ich einen Urlaub buchen! 💪🏻

Hallo Katha,
es tut mir leid, dass du eine Fehlgeburt hattest.
Wir haben ein paar Gemeinsamkeiten, ich bin 38 und habe auch noch keine lebenden Kinder. Mein Partner hat ebenfalls noch keine Kinder. Wir probieren es seit 2021 und zwischenzeitlich hatte ich 3 FG, in der 8. Woche war jeweils kein Herzschlag mehr zu finden und die Abgänge waren dann jeweils in der 11. Woche. Ich kenne das mit den heftigen Blutungen und Kreislauf-Problemen auch. Ich lag zeitweise nur noch auf dem Boden und nichts ging mehr. Mein Partner hat auch getrauert, aber er ist ein eher distanzierter Mensch, der selten Gefühle zeigt und schon gar nicht darüber redet. Nicht immer einfach. Er ist auch immer schnell wieder zum Alltag über gegangen, darum habe ich ihn aber eher beneidet. Ich habe immer einige Wochen gebraucht, bis ich mich wieder voll auf die Arbeit konzentrieren konnte und produktiv war.
Deine FG war erst. Lass dir, deinem Körper, deiner Seele Zeit. Das Hormonchaos ist ganz schön heftig und die Trauer allumfassend, lebensverändernd und zumindest am Anfang auch lebensbestimmend. Fühl dich gedrückt. Wir sind für dich da, wenn du schreiben magst.

Hallo Dany, danke für deine lieben Worte!
Sie sind tröstend und zugleich auch ein bisschen beängstigend. Es tut mir sehr leid, dass du das Ganze schon drei Mal durchmachen musstest!
Aber es ist genau das, was du sagst, es ist eher beneidenswert, dass sich der Mann wieder auf den Alltag konzentrieren kann, ich wünsche mir das ja eigentlich auch für mich. Aber dann ist da halt wieder der Teufel im Kopf, der nicht begreifen will, dass das so (einfach) geht.

Hallo Katha❤️ , mir hat geholfen wieder arbeiten zu gehen. Da ist man abgelenkt wenn der Kopf gefordert ist. Sobald man wieder mit seinen Gedanken alleine ist, dreht sich das Kopfkarussell. Vielleicht kannst Du Dir in Bibliothek Bücher zum Thema ausleihen. Das Lesen hat mir auch geholfen.

Hallo besenkrebs,
ich werde wohl am Dienstag wieder arbeiten gehen, aber andererseits hat dieses Ereignis mal wieder dazu geführt mich und meine Lebenssituation zu hinterfragen: „will ich den Job überhaupt noch?“ „Ist es nicht gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, um sich auch davon zu trennen?“ … „Es gibt wichtigeres als Geld!“ … Aber wahrscheinlich werde ich am Dienstag einfach wieder auf der Matte stehen und einen guten Job machen und die Fragen der Kunden nach meinem Wohlbefinden mit „gut!“ beantworten!

Dank des Forums habe ich mir „Jede 3. Frau“ bestellt und werde morgen anfangen zu lesen.

Huhu Katha❤️, die Gedanken kann ich super nachvollziehen!!! Ich denke mir auch bei den Problemen die auf Arbeit herrschen, wie unwichtig es doch ist und über welche Themen man sich dort aufregt. Ich habe mich auch gefragt ob mir das so noch Spaß macht. Bin jetzt aber auch erst bei dem Stand das ich das Geld brauche um meinen Traum weiter verfolgen zu können.

Blöd das man Kunden immer ein Lächeln schenken muss. Ich kann das nicht. Ich hoffe das Du die Kraft hast. In welchem Bereich arbeitest Du?

Das Buch „Jede 3. Frau: 25 Frauen erzählen von ihren Schwangerschaften ohne Happy End - und wie sie danach trotzdem ihren Weg gefunden haben“ will ich auch noch lesen.

Meine Hebamme hat mir empfohlen „Gute Hoffnung, jähes Ende: Fehlgeburt, Totgeburt und Verluste in der frühen Lebenszeit. Begleitung und neue Hoffnung für Eltern.“ und gelesen habe ich auch noch „Mein Sternenkind: Begleitbuch für Eltern, Angehörige und Fachpersonen nach Fehlgeburt, stiller Geburt oder Neugeborenentod“

Hast Du eine Hebamme die Dich auf Deinem Weg begleitet?

Liebe Katha, es tut mir sehr leid von deinem Verlust zu hören. Es klingt, als hätte dein Körper wirklich großartiges geleistet.
Ich möchte dir Mut machen dich noch länger krank schreiben zu lassen falls es dir auf Arbeit doch nicht gut geht, das kann man vorher nicht so gut einschätzen und gerade Kundenkontakt klingt für mich nach einer großen Herausforderung.
Ich habe bei meinem zwei normalen Fehlgeburten ganz unterschiedlich reagiert. Bei der einen habe ich viel gegammelt, vor dem Fernseher gehangen, gelesen etc. Bei der letzten habe ich mich wie verrückt an meine Nähmaschine gesetzt. Da brauchte ich das aktiv sein, fühlte mich aber noch nicht der Arbeit und vor allem den Kollegen gewachsen. Vielleicht gibt es auch ein Hobby in das du dich "stürzen" kannst bis du wieder arbeiten gehst?

Mein Mann ist sehr einfühlsam gewesen und ich hatte das große Glück, dass er wirklich nie gesagt hat, dass ich jetzt doch bitte nach vorn schauen soll oder so. Er hat sich auch immer wieder alle meine Trauer und Sorgen angehört. Und trotzdem ging es mir wie dir, er hat einfach nicht so stark/anders getrauert. Ich stimme Susanne total zu, wir spüren die Veränderung in unserem Körper, wir haben die Hormone. Aktuell bin ich in der 15. SSW und erst vorgestern hat mein Mann mir gesagt, dass das Kind für ihn noch nicht real ist. Er kann es einfach noch nicht greifen. So geht es den Männern halt. Dafür sind wir hier für dich da wenn du uns brauchst.

@besenkrebs: ich bin Versicherungskauffrau und habe über die Jahre gelernt, dass „wie geht es ihnen?“ für die meisten Menschen sowieso nur eine Floskel ist und sie die Wahrheit gar nicht hören wollen. Deshalb kann ich auch ganz gut drüber hinweg gehen, zumindest konnte ich es bisher immer, wenn mal was nicht ganz so dolle lief. Es sind ja schließlich Kunden und keine Freunde. Sofern sich solche Gespräche am Telefon abspielen, kann ich sowieso umschalten. Fremde Menschen merken mir nicht an, wie es mir wirklich geht.
Mein Buch ist angekommen, ich denke ich werde gleich loslegen. Zusätzlich habe ich auch zu Hause noch die ein oder andere Tätigkeit gefunden, die mich ablenkt (Klamotten entsorgen usw. 🙈).

Eine meiner langjährigsten Freundinnen ist (meine) Hebamme 😊. Sie hat mir schon sehr geholfen, obwohl ich da auch manchmal komisch bin und zwischendurch denke, dass ich vielleicht lieber eine Fremde als Hebamme hätte für solche Gespräche.

@Anna_90: Dir / euch erstmal herzlichen Glückwunsch! Ich drücke fest die Daumen ✊🏻.

Tatsächlich überlege ich gerade, ob ich mir nicht zumindest in der nächsten Woche noch eine Auszeit im Büro gönne. Am Dienstag muss ich sowieso nochmal zur Blutabnahme, weil der Beta-Hcg-Wert noch etwas zu hoch ist laut der Frauenärztin. Zumindest medizinisch sollte ja alles in Ordnung sein, bevor der Alltag mich wieder hat.

Bei meinem Mann ist das so: er war seit dem positiven Test Feuer und Flamme und auch bei jedem Termin mit und hat, obwohl er das ganze ja eigentlich schon kennt, auch viele Fragen beim Arzt gestellt und sich mit mir zusammen richtig Gedanken gemacht, wegen des Screenings usw.
Allerdings war er auch so stolz und glücklich darüber mit mir, seiner großen Liebe, wie er sagt, noch ein Kind zu bekommen, dass es auch schon recht viele Leute im Umfeld wissen / wussten, obwohl wir eigentlich ‚vereinbart‘ hatten, nur die engsten Menschen einzuweihen. Eigentlich ist das ja richtig süß von ihm, aber nun fällt es uns auf die Füße und das muss er jetzt alleine ausbaden. Ich habe ihm gesagt, dass er erst alle irgendwie informieren muss, bevor ich mich mit den Leuten treffen kann.

Liebe Katha,
es tut mir sehr leid zu lesen, was Du/Ihr durchmachen musstest.
Das ist alles noch sehr frisch. Schau einfach was Dir gut tut und folge dem. Als mir die Decke auf den Kopf fiel, war ich oft spazieren oder setzte mich im Park auf eine Bank mit Buch.
Oder lang auf der Couch. Du kannst jeden Tag neu entscheiden was Dir gut tut.
Liebe Grüße,
Aleksandra