#1

Die Welt da draußen hat sich nicht geändert

in Eure Geschichte 16.02.2023 19:07
von Teuelb • 5 Beiträge | 5 Punkte

Hallo liebes Forum!

Ich bin in meinem Text nochmal hier hoch um mich zumindest kurz vorzustellen.
Steffi, 33 Jahre alt und aus München. Schön dass es euch gibt und ich hier bissal was von der Seele schreiben darf...

Heute ist mein erster Feierabend, den ich alleine verbringe. Nach den herrlichen Sonnenstrahlen war ich so motiviert ein bisschen Sport zu machen und zu duschen.
Kaum hab ich die Tür hinter mir geschlossen, flossen wieder die Tränen. Obwohl ich schon einige lange Tiefs hatte, habe ich eine Trauer in mir, die ich kaum greifen kann.

Es hat 1,5 Jahre gedauert und dann hatte ich Anfang Januar das unbeschreibliche Gefühl schwanger zu sein. Der positive Test am 4.01 hat mich kaum überrascht.
Ich hatte in mir ein Strahlen, wie eine kleine Sonne. Ich habe mich im Spiegel angelächelt und war mir sicher dass es ein Mädchen, eine Paula, ist. Der Name war nie unter meinen Lieblingen, aber ich hatte einfach so ein Gefühl.
Nicht mal eine Woche später hatte ich Dienstags Schmierblutungen, ein irrsinniges Ziehen von der Leiste zum Knie, das sonnige Gefühl war weg. Aufgelöster Anruf beim Frauenarzt "warten Sie ihren Termin in zwei Wochen ab, alles ist okay, machen sie sich einen entspannten Abend"
Donnerstag hatte ich so starke Schmerzen im Oberschenkel dass ich in der Arbeit nicht mehr sitzen oder stehen konnte. Hatte Angst beim Frauenarzt anzurufen und ging zum Hausarzt. Alles von seiner Seite war okay, "herzlichen Glückwunsch zur Schwangerschaft".

Freitag war ich bei einer Freundin und ihrem kleinen Sohn. Wollte dem kleinen Mann unbemerkt erzählen dass ich schwanger bin. Keine Beschwerden, alles gut.

Samstag wieder Schmerzen, aber liegend und mit Wärmflasche ging es.

Samstag auf Sonntag wache ich nachts auf und in meinem Kopf schreit es nur: "etwas stimmt nicht!!" Versuche mich zu beruhigen, aber es gelingt nicht. Wecke meinen Mann auf, der mich so garnicht kennt und ins Krankenhaus fahren möchte. Ich hadere mit ihm dass ich vielleicht nur übertreibe und im gleichen Moment weiß ich dass es besser wäre. Kann ich einfach einschlafen und alles ist gut?
Fahren nach etwa 2 Stunden ins Krankenhaus. Ohne zu Überlegen nehme ich Ohropax und mein Kontaktlinsenbehälter mit.
Erste Untersuchung unauffällig. Ich hab mich bestimmt geirrt. Was ist der worst case? Fehlgeburt. Was wäre das beste? Ultraschall und Herztöne und wir fahren heim.
Ultraschall. Der Assistenzarzt ist so ruhig dass ich mich innerlich auf meinen worst case einstelle. Fehlgeburten passieren so häufig.
Der Arzt hatte mehrere Sachen gefunden, die er mit seinem Oberarzt abklären möchte. Mir laufen die Tränen und mein Mann kommt mit ins Zimmer.
Ich weiß davon garnicht mehr so viel außer: kein Herzschlag, zu klein, Eileiter, freie Flüssigkeit, Operation heute notwendig, Medikamente um die Zellen zu zerstören..Zellen..?! würden in meinem Fall nicht in Frage kommen. Notfall? Hier ist der Weg zur Station. Ihr Mann darf wahrscheinlich nicht mehr so lange bleiben.
Ich habe noch nie in so traurige Augen von meinem Mann geschaut als ich gegen 4Uhr ins Zimmer kam und mich verabschiedet hab. Er solle nicht vor der Tür warten sondern heimfahren.
Die arme Patientin im Raum wollte auch lieber schlafen anstatt mein Schluchzen zu hören. Besonders als ich den Narkosezettel ausfüllen musste. Besteht die Möglichkeit einer Schwangerschaft? Ja. Natürlich?
Als die Anästhesie Ärztin nach Schmerzen fragt und ich nur sagen kann, dass die seelischen nicht schlimmer sein könnten.

Ich starre nur aus dem Fenster in die graue Suppe. Es ging gegen 11Uhr los. Hätte ich das gewusst wäre ich mit meinem Mann lieber stundenlang im Flur gesessen.
Die Operation geht los und ich soll runterzählen.. alles schwarz. Dann höre ich Stimmen, versuche mich zu bewegen und schaffe es nicht, spüre wir mir der Blasenkatether gelegt wird. Versuch den rechten Arm zu bewegen.. Alles schwarz.
Hellwach liege ich im Aufwachrraum und weiß, dass mein worst case zu einem größeren Alptraum wurde. Gestern war alles gut. Vorhin war ich noch schwanger und jetzt ist es vorbei.
Darf/Soll/Muss im Aufwachrraum noch drei Personen erzählen dass ich wach war, als würde sich meine Erzählung ändern.
"Ich hab irgendwas über mein Bauchnabelpiercing gehört und versucht meine rechte Hand zu bewegen"
Anscheinend hab ich mein rechten Fuß am Anfang der Operation bewegt.

Wieder im Zimmer rief ich meinen Mann an, er würde dann bald kommen. Ich bin so froh ihn zu haben. Er klärt alles mit meiner/seiner Familie und meiner Arbeit. Ich wische Nachrichten ungelesen sofort weg.

Erst am Abend, zum Glück war mein Mann noch da, kam eine Ärztin bzgl der Operation. Nicht nur die Eileiterschwangerschaft, leider war der Eileiter so stark beschädigt dass sie ihn entfernen mussten.

Nach zwei schlaflosen Nächten im Krankenhaus durfte ich endlich nachhause und endlich alleine weinen, trauern und meine Ruhe haben.

Ich war drei Wochen krankgeschrieben und gehe seit Montag wieder in die Arbeit. Habe viel Gedanken mit "letztes mal war ich hier noch schwanger", "hier hab ich den Schwangerschaftstest gekauft und jetzt kaufe ich Pflaster", "diese Kleidung trug ich im Krankenhaus".
Oder die Sätze die mich kopfschütteln, verzweifelt lassen.. von meiner Schwester, die seit September 2022 versucht schwanger zu werden "du damit (Kinderwunsch) ruhiger umzugehen als ich"
Meiner Mutter: " du bist eine Kämpferin und wirst schon ein Baby bekommen"
Schwägerin (mit einjährigem Sohn): aber so körperlich passt jetzt doch wieder alles.

Aktuell warte ich auf meine Periode, dass vor dem nächsten Eisprung mein linker Eileiter überprüft wird, ob es überhaupt noch natürlich klappen kann.
Mich überkommt ab und zu so ein komisches trauriges Gefühl, dass ich meinen rechten Eileiter vermisse.

..inzwischen schreibe und weine ich hier eine Stunde. Es ist längst dunkel draußen und ich sollte mal aufstehen und das Licht anmachen.

Schönen Abend!
Steffi

nach oben springen

#2

RE: Die Welt da draußen hat sich nicht geändert

in Eure Geschichte 16.02.2023 20:11
von Susanne • 4.598 Beiträge | 4616 Punkte

Hallo Steffi, herzlich willkommen! Wahnsinn, was Du für eine Intuition hast. Du scheinst ein gutes Gefühl für deinen Körper zu haben. Vielleicht hat dich dieses vor schlimmeren bewahrt.
Gut, dass nun sicherheitshalber der Eileiter gecheckt wird.

Wie geht es Dir zur Zeit?
Liebe Grüße, Susanne

nach oben springen


Besucher
1 Mitglied und 8 Gäste sind Online:
Niesi85

Forum Statistiken
Das Forum hat 1769 Themen und 46289 Beiträge.


Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen