#1

Der Weg zurück zu mir selbst ...die ersten Schritte

in Eure Geschichte 08.01.2021 21:31
von NeoNeo • 10 Beiträge | 10 Punkte

Hallo ihr Lieben,
heute war ein emotionaler Tag für mich und ich würde gerne wissen wie ihr wieder zu euch gefunden habt nach eurer FG.
Am 22.12 hatte ich eine AS nach einer MA in der 9.SSW. Körperlich geht es mir sehr gut, seelisch ist es ein Auf und Ab.
Ich hab mich selbst verloren und versuche mich wieder herzustellen. Ich möchte so gerne zurück zu meinem alten Ich finden, der fröhlichen, unbeschwerten Frau, die immer gute Laune hat und optimistisch an alle Dinge geht und stark, mit voller Energie und Freude das Leben beschreitet.
Diese "Frohnatur" blitzt jetzt nur noch unter Zwang auf.
Die FG hat mir das alles genommen und ich versuche teilweise verzweifelt die Fassade wieder aufzubauen.
Langsam merke ich auch, dass mein Umfeld erwartet, dass ich weiter mache wie bisher. Ich soll das Passierte hinter mir lassen oder mich davon nicht unterkriegen lassen (ich bin ja nicht die Einzige...es gibt so viele die das durchmachen... und das passiert dir nicht nochmal sind alles toll gemeinte Ratschläge)
Ich weiß das auch und gerade hier im Forum wird es mir bewusst, dass ich nicht alleine bin aber es ist nur ein kleiner Trost.
Ich hab immer gedacht mein größtes Problem ist es schwanger zu werden und nicht es zu bleiben. Ich war einfach sorglos und jetzt schwanke ich zwischen Trauer, Wut, Verzweiflung und dem Gedanken, dass nie mehr alles sorgenlos sein wird.
Ich war so glücklich und jetzt lache ich über meine Naivität gedacht zu haben, dass mir sowas schlichtweg nicht passiert.
Ich vertraue nicht mehr auf das Gute ich kann meinem Körper nicht vertrauen er hat mich hintergangen er hat mich enttäuscht und den seelischen Schmerz den ich ertragen muss ist so ungewohnt für mich.
Ich habe das Gefühl, dass mit meinem Kind auch ein Stück von mir gegangen ist.
Die letzten Tage habe ich viel geweint ich habe den Schmerz zugelassen aber es macht mich auch wieder wütend auf mich selbst, dass ich es nicht schaffe das hinter mir zu lassen und optimistisch nach vorne zu schauen. Ich möchte mich nicht mehr so fühlen ich möchte es überwinden.
Heute beim Frühstück hat mein Freund zu mir gesagt, dass wir Glück haben, dass wir so starke Persönlichkeiten sind und nicht so labil und dass andere das psychisch nicht so gut schaffen...aber bin ich das wirklich? Bin ich wirklich so stark wie er denkt? Wenn mich das jemand vor einem Monat gefragt hätte wäre meine Antwort wie aus der Pistole geschossen: "aber Hallo mich haut so schnell nix um!"
Und jetzt könnt ich wieder darüber lachen wie schnell es mir den Boden unter den Füßen weggezogen hat.
Ich habe geweint...mal wieder und mich mal wieder dafür gehasst ...wo ist die starke Frau, wo bin ich hin und wann kommt sie zurück?
Und dann kam der Paketbote und hat mir meine neuen Kopfhörer gebracht.
Ich habe sie aufgezogen und so laut wie nur möglich Musik gehört, ich habe geweint die Küche dabei geputzt als ob es kein morgen gegeben hätte und als das geschafft war bin ich ins Bad und hab mich geschminkt (wie früher) und die Haare gemacht.
Ich hab laut mitgesungen und bin durch das Haus getanzt (irgendwo ist sie noch die alte unbeschwerte Frau).
Dann bin ich los und habe eine neue Packung Ovulationstest gekauft.
Mein Freund hat gegrinst und sagte "na das ist doch ein gutes Zeichen" und ja das ist es.
Wann ich bereit bin es wieder zu versuchen weiss ich noch nicht, aber ich weiß dass ich es wieder versuchen möchte und ich weiß dass ich mich lagsam wieder finden werde oder mich auch neu finde denn die "Alte" bin ich nicht mehr und die Zweifel kann ich nicht abschütteln aber ich will zumindest versuchen weiter zu machen.
Ich gehe nächste Woche wieder arbeiten und ich freue mich darauf dann kann ich mich wieder über die Arbeit ärgern und weniger über mich selbst und meine Gebärmutter.
Wie ist/war es bei euch?
Habt ihr auch so einen Moment gehabt wo ihr wieder durchgestartet seid?
Habt ihr euch wieder gefunden?
Ich bin mir sicher, dass es mich immer wieder überkommt aber dann hab ich meine Kopfhörer parat.
Ich finde es gut euch das zu schreiben und bin Dankbar für dieses Forum.
Liebe Grüße

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#2

RE: Der Weg zurück zu mir selbst ...die ersten Schritte

in Eure Geschichte 08.01.2021 21:50
von pusteblume • 67 Beiträge | 67 Punkte

Liebe NeoNeo,

dein Verlust tut mir sehr leid und ich wünsche dir weiterhin viel Kraft Leider kann ich dir noch keinen Wegweiser zurück zu dir selbst liefern. Ich befinde mich gerade noch selbst dort hin. Ich hatte am 30.12 eine AS nach einer MA in der 12. SSW. Und ich finde mich zu 110% in deinen Worten wieder. Eine fröhliche, unbeschwerte Frau, die immer gute Laune hat und optimistisch an alle Dinge geht und stark, mit voller Energie und Freude das Leben beschreitet. Besser hätt ich das selbst nicht schreiben können.

Auf alle Fälle:
1. Egal was dein Umfeld erwartet, bitte orientier dich nicht daran. Es ist dein Verlust, es sind deine Gefühle, dein Kummer. Auch Frauen, die so etwas schon mal erlebt haben, wissen nicht, wie es jetzt oder nach x Wochen in dir aussieht. Jeder Mensch ist anders, trauert anders, trauert verschieden lang, ... Bitte nimm dir einfach deine Zeit, egal wie lang das ist!
2. Ich versteh, dass du dich dann immer wieder über dich selbst ärgerst (auch in diesem Punkt geht's dir wie mir), aber ich hoffe, dass du dies bald hinter dir lassen kannst. Du musst dich nicht über dich ärgern. Alles was du denkst oder fühlst ist normal, versuch dich nicht selbst noch unter Druck zu setzen. Es ist ja so schon schlimm genug, da muss man sich dann nicht auch noch selbst bestrafen.
3. Ich wünsche dir von Herzen, dass du deinen Weg zurück zu dir findest! (wenn du weißt wie, gib mir gern Bescheid)

Liebe Grüße
Pusteblume

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#3

RE: Der Weg zurück zu mir selbst ...die ersten Schritte

in Eure Geschichte 08.01.2021 23:31
von Nelke • 2.177 Beiträge | 2187 Punkte

Liebe neoneo,

Was ich hier im Forum gelernt habe ist vor allem die Erkenntnis, dass man von allen Menschen aus dem Umfeld selbst den größten Verlust erlitten hat. Deshalb kann dir keiner sagen, wie lange du trauern sollst, wie oft nach den guten Tagen wieder ein schlechter Tag kommt, wann du dich von deinem kleinen Wunder verabschieden musst, wann du wieder nach vorne schaust und wie oft du trotzdem noch einmal zurück blickst und all die Trauer raus lässt... Du bestimmst das Tempo, du bist die (Sternen)Mama, du spürst, wenn du wieder nach vorne gehst.
Ich verlor mein minimenschlein am 9. Dezember. Ich dachte, ich sei darüber hinweg. Ich dachte, jaaa, ich bin eine von den 'starken' (wie auch immer man von schwach und stark bei dem Thema reden kann..). Bis ein Auslöser kam. Ich meine Burg um meine Gefühle noch verteidigen konnte. Und danach brach alles zusammen. Mein Mann fragte mich, was los sei. Ich schrie "ich hab unser Kind verloren!". Ich weinte danach noch einige Tage. Jetzt ist es besser. Das war der Punkt, an dem ich mich das "warum" fragte. Ich hoffe, es war das letzte Mal. Aber jetzt mache ich mir nicht mehr vor, alles überstanden zu haben. Es gehört zu mir und es macht mich zu dem, was ich war. Irgendwann werde ich wieder fröhlich sein, mit einem Lächeln aus dem Haus gehen, aber dafür habe ich noch Zeit. Ja, es wird besser, aber es braucht alles so lange, wie es braucht. Eine nette Frau sagte einmal zu mir, was lange brauchte, bis es kam, kann nicht von heute auf morgen wieder weg sein...es war ein anderer Zusammenhang, aber ich erinnere mich in den letzten Tagen oft daran.
Sei nicht zu streng zu dir!
Schlaf gut 🌺

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#4

RE: Der Weg zurück zu mir selbst ...die ersten Schritte

in Eure Geschichte 09.01.2021 07:51
von Susanne • 4.598 Beiträge | 4616 Punkte

Liebe Neo, es freut mich zu lesen, dass Du gestern wieder ein Stückchen von Dir selbst wiedergefunden hast, ein hoch auf die Kopfhörer und die Musik. Es hat sich sicher gut angefühlt die bisher bekannte Seite zu sehen. Ein Schicksalsschlag wie ein Schwangerschaftsverlust bringt Seiten an uns zum Vorschein, von denen wir vielleicht noch nicht wussten. Unser Urvertrauen wird erschüttert und es zeigen sich Emotionen, die wir vielleicht bislang noch nicht kennen lernen mussten, weil wir noch nicht so im Innersten getroffen wurden.
Ich drücke die Daumen, dass es weiter bergauf geht!

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#5

RE: Der Weg zurück zu mir selbst ...die ersten Schritte

in Eure Geschichte 09.01.2021 09:40
von GoldeneHimbeere (gelöscht)
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Liebe NeoNeo,
Ich habe gehofft, bald wieder von Dir zu hören!
Ich habe eine ähnliche Entwicklung durchgemacht wie du, die letzten Wochen. Meine Ausschabung war am 21.12. Ich habe auch dieses Auf und Ab gehabt. Irgendwann fing ich an und habe mich gefragt, wie lange das noch so weiter gehen soll. Es wurde nämlich immer schlimmer mit den negativen Gedanken. Trauer ist Selbstschutz aber wenn die Trauer irgendwann den Tag bestimmt und nicht mehr weicht, dann ist es auch Selbstschutz wenn man sich sagt "so kann es jetzt nicht weiter gehen, du musst auch wieder glücklich sein können". Dabei hat mir ein Trostlicht geholfen, dass ich den beiden errechneten Geburtsterminen anzünden kann. Das erste durfte ich am 3.1 schon anzünden. Es hat mir unwahrscheinlich viel Kraft gegeben, weil es mir es möglich macht dem Baby in Gedanken ganz nah zu sein. Und wenn es mir schlecht geht, dann denke ich ganz fest daran, dass es bestimmt sehr krank war und deswegen nicht bleiben wollte und dass es gut so ist, bevor es das ganze Leben leiden muss. Einfach wird es bei der nächsten Schwangerschaft nicht, dass habe ich mir im Juni schon gesagt. Jetzt sage ich mir das wieder. Das Wichtigste ist, dass man wieder gebraucht wird und dass man sich auch so fühlt.. Schön, dass du wieder arbeiten gehst. Jetzt geht es bergauf und lass dich von kurzen Momenten nicht beirren. Bei mir sind diese kurzen Momente, wenn ich junge Eltern oder frisch gebackene Eltern sehe, mit Baby Schale oder Kinderwagen. Das versetzt mir ein Stich ins Herz. Aber nur kurz. Dann denke ich an meinen Mann und denke daran, dass wir uns haben und dass kann uns niemand wegnehmen.
Viele liebe Grüße, Lena

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#6

RE: Der Weg zurück zu mir selbst ...die ersten Schritte

in Eure Geschichte 10.01.2021 19:20
von NeoNeo • 10 Beiträge | 10 Punkte

Hallo ihr Lieben, vielen Dank für eure Antworten.
Ich merke immer mehr wie gut es tut über die Dinge die mich beschäftigen zu sprechen und auch offen damit umzugehen was mir passiert ist und dass ich immernoch dabei bin meine Scherben zusammenzusuchen und mich neu zusammenzusetzen.
Die Nadelstiche kenn ich leider auch und gefühlt ist es mehr ein Schlag ins Gesicht als ein Stich ins Herz aber es wird mit jedem Tag besser.
Eben hab ich meinen Rucksack für morgen gepackt und war dann doch traurig, als ich den Rucksack aus der hintersten Ecke des Schrankes gezogen habe, denn ich dachte ich müsste für eine sehr lange Zeit nicht mehr an die Arbeit fahren und schön schwanger zu Hause sitzen und meine Kollegen nur per Whatsapp ärgern ^^.
Das Schicksal wollte es nicht so und ich versuche nicht nach dem Warum zu fragen aber die Ungerechtigkeit ist für mich nicht begreifbar.
Die Tochter einer Bekannten ist ungewollt schwanger (sie ist erst 13 Jahre alt!) und hat wahrscheinlich nächste Woche einen Abbruch wenn sie nicht wieder von zu Hause abhaut (schwierige Geschichte).
Das sind so Momente wo ich mich zusammen reißen muss nicht vor Wut zu explodieren.
Ich kann es dann nicht nachvollziehen wieso Menschen die sich ein Kind so sehr wünschen und ihm alles bieten können gequält werden mit Fehlgeburten und der verbundenen Trauer und so ein junges Mädchen eine intakte Schwangerschaft hat.
Mein Freund ist mir in solchen Momenten eine echte Stütze er sagt es ändert überhaupt nichts an unserer Situation sich jetzt darüber zu ärgern und er hat auch vollkommen Recht und ich weiß das,trotzdem bin ich sauer😅 aber zum Glück nicht so lange.
Ich drücke euch aus der Ferne und wünsche euch einen guten Start in die Woche und die Kraft und Stärke auch eure Nadelstiche schnell abzuhaken.
Liebe Grüße

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