Und plötzlich steht das Leben still
|
Und plötzlich steht das Leben still
in Eure Geschichte 21.03.2021 00:46von Geko • 24 Beiträge | 24 Punkte
Liebes Forum,
da für mich seit 5 Tagen das Leben still steht, bin ich heute auf das Forum gestoßen und habe das Bedürfnis, euch meine persönliche Geschichte zu erzählen. Ich bitte euch zu entschuldigen, dass ich etwas ausschweifen werde, aber es liegt mir am Herzen euch meine Gefühle mit zu teilen mit allem was ich erlebt habe. Ich bin am 8.3. 41 Jahre alt geworden, bin Ärztin von Beruf und führe seit über 3 Jahren eine Fernbeziehung. Meinen Partner und mich trennen 580 km, wir haben beide Berufe mit Wochenendarbeit und ich habe eine süsse Stieftochter aus erster Ehe meines Partners, die wir alle 4 Wochen bei uns haben.
Ich habe Kinder immer sehr geliebt, bin 2 fache Patentante und Tante einer zuckersüssen Nichte. Aufgrund meiner beruflichen Karriere stellte ich den Kinderwunsch, der eigentlich schon immer ausgeprägt war, immer wieder zurück. Letztes Jahr im Januar entschieden mein Partner und ich, dass wir uns zum perfekten Glück und unserer sehr harmonischen Beziehung- trotz der Fernbeziehung- ein Kind wünschen. Ich setzte die seit über 20 Jahren eingenommene Pille ab und begann Folsäure zu nehmen. Eine Distanzbeziehung, Wochenendarbeit und meine Stieftochter ließen es nicht zu, unsre beiden Dienstpläne noch nach den "fruchtbaren Tagen" aus zu richten. Wir wollten uns nicht unter Druck setzen und wollten es einfach passieren lassen. Mitte Mai 2020 blieb meine sehr regelmäßige Periode aus, 10 Tage später machte ich einen Schwangerschaftstest, welcher positiv ausfiel. Die Freude und das empfundene Glück war so unbeschreiblich. Ich schrieb meine befreundete Gynäkoligin an und vereinbarte einen Termin für in 3 Wochen zur ersten Kontrolle. 1 Woche vorher hatte ich einen 24 h Dienst. Es war viel los und mein Bauch tat mir weh, ich hatte aber so viel zu tun, dass ich dem Bauchschmerz keine grosse Aufmerksamkeit schenkte. Als ich am Abend im Dienst zum Klo ging sah ich eine starke Blutung und Gewebsbeimengungen gingen ab. Mir war sofort bewusst, dass eine intakte Schwangerschaft bei der ausgeprägten Blutung nicht mehr bestehen konnte. Ich kämpfte mit den Tränen und versuchte auf der anderen Seite die Fassung zu bewahren, da ich nicht wollte, daß meine Schwestern mit mir im Dienst etwas bemerkten. Meinen Partner konnte ich nicht erreichen, denn er war selber beruflich eingespannt und nicht am Telefon. Am nächsten Morgen weinten wir zusammen am Telefon, entschieden uns aber schnell uns von dem frühen Babyverlust nicht verunsichern zu lassen. Natürlich habe ich auch den Gedanken geäußert, dass ich zu alt bin und es sicher daran gelegen hat, aber sowohl mein Partner, als auch meine Gynäkoligin trieben mir diesen Gedanken aus. Zur ursprünglich geplanten ersten Kontrolle bei meiner Gynäkoligin bin ich 1 Woche nach Blutung gegangen. Ich wurde sehr emotional, als ich die leere Fruchthöhle sah. Das etwas überschüssige Gewebe würde sich bei der nächsten Periodenblutung abstoßen sagte mir meine Gyn. Sie sprach mir Mut zu nicht zu verzweifeln, wegen des passierten Frühaborts. Ich sei eine gesunde Frau und es spreche nichts dagegen, dass ich problemlos wieder schwanger werden würde.
Mein Partner und ich waren uns einig uns einige Monate emotional erholen zu wollen und es dann wieder möglichst ohne Druck erneut zu probieren, das ich schwanger werde.
Im Februar diesen Jahres blieb meine Periode aus. Einige Tage später machte ich einen Schwangerschaftstest, welcher positiv ausfiel. Ich rief sofort meinen Partner an und wir waren überglücklich. In der 8. SSW war ich dann erstmalig vorstellig bei meiner Gyn. Mittlerweile hatte ich mit Übelkeit zu kämpfen, Brustspannen und auch launischen Phasen, die vor allem mein Partner zu spüren bekam. Zunächst führte ich ein Gespräch mit meiner Gynäkoligin. Sie sagte, hört sich alles prima an, klatschte in die Hände und sagte: und jetzt schauen wir nach. Im vaginalen Ultraschall war ein Dottersack zu sehen und MEIN Baby mit deutlichem Herzschlag. Mir kullerten die Tränen, als ich den Herzschlag hörte und meine Gyni freute sich so sichtlich mit mir. Nach Blutentnahme vereinbarten wir einen Termin zur nächsten Kontrolle in 3 Wochen. Ich war so unfassbar glücklich, das ich es kaum in Worte fassen kann. In der Zwischenzeit hatte ich Urlaub, feierte meinen 41. Geburtstag und verbrachte viel Zeit mit meinem Partner. Die Übelkeit, das Brustspannen und die launischen Phasen hielten weiter an und es fühlte sich "richtig" an. Letzten Montag, am 15.3 war der Kontrolltermin. Ende März wollte ich meine Schwangerschaft in der Klinik bekannt geben, erst wenn sicher die 13. SSW erreicht war.
Ich bin so fröhlich zu dem Vorsorgetermin gegangen, mit mir waren viele Schwangere im Wartebereich. Manche stöhnten bereits mit ihrem "dicken Bauch" und ich stellte mir vor, wie ich in wenigen Monaten selbst so da sitze und stöhne. Als mich meine Gynäkologin zunächst zum Gespräch rief und sich nach meinem Befinden erkundigte und mir sagte: hört sich gut an, war ich so glücklich. Wir gingen in den Nachbarraum zur Untersuchung. Ich war überwältigt wie gross das Baby geworden war und das bereits alles "dran" war, als meine Gynäkologin plötzlich ganz still wurde und sagte: ich sehe und höre keinen Herzschlag Geni. Seither steht für mich die Welt still. Ich fühle mich so machtlos, ohnmächtig, gelähmt und empfinde innerliche Schmerzen, die ich nie zuvor empfunden habe. Natürlich wusste mein Kopf, dass bis zur 12. SSW bzw immer was passieren kann, aber der Satz: ich höre keinen Herzschlag traf mich wie eine Ohrfeige. Mit voller Wucht, ohne Vorwarnung und ohne nur im Ansatz damit zu rechnen. Meine Gynäkoligin rang selber um Worte, war aber wahnsinnig einfühlsam und mutzusprechend. Ich hörte sie nur noch durch eine Blase, wie Watte...und lief wie ein Roboter zum Auto. Mein Partner brach am Telefon zusammen und lag 6 Stunden später weinend in meinem Arm. Am Mittwoch wurde nach nochmaliger Kontrolle die Abort Kürettage durch geführt. Körperlich geht es mir ok, aber meine Seele schmerzt. Sie schmerzt so sehr, daß ich es kaum aushalten kann. Mein Partner und meine Familie und Freunde sind unermüdlich für mich da, trotzdem ist es nur ein geringer Trost. Mein bereits so geliebtes Baby ist nicht mehr da und das will einfach nicht in meinen Kopf. Die so taffe Ärztin, die sonst Patienten tröstet braucht selber Trost. Und obwohl ich stark bin will ich leiden, ich will der Welt sagen, wie traurig ich über den Verlust unseres Babys bin auf das wir uns so wahnsinnig gefreut haben. Ich weiss, dass sich das für mich stehen gebliebene Leben da draussen weiter dreht und ich weiss, dass ich da irgendwann wieder dran teilhaben muss und werde. Aber aktuell will ich trauern, schaue mir immer wieder das Ultraschallbild des so gross gewordenen Babys an, an dem alles dran ist und sage zu ihm: ich vermisse dich.
Ich danke euch so sehr, daß ich meine Geschichte hier niederschreiben durfte und wünsche uns allen Kraft und Willen, diese harten Zeiten zu durchleben.
RE: Und plötzlich steht das Leben still
in Eure Geschichte 21.03.2021 06:36von Susanne • 4.556 Beiträge | 4574 Punkte
Liebe Geko, herzlich Willkommen und mein Mitgefühl für Deine Verluste. Danke für das Teilen Deiner Geschichte und dass Du uns an Deiner Gefühlswelt teilhaben lässt. Sehr viele Frauen werden sich in Deinen Worten wiederfinden.
Es ist schön, dass Du ein empathisches Umfeld hast, die sich um Dich sorgen. Und es ist auch absolut ok und natürlich, dass Du trauerst und es ist wichtig, dass Du das auch tust. Hast du schon über einen bewusst gelebten Abschied nachgedacht? Hier findest Du Ideen https://www.fehlgeburt.info/ideen-zur-trauerbewaeltigung/
Ich weiß nicht, ob Du schon einen Blick in die Zukunft werfen kannst und willst, aber Du weißt selber, dass die Zeit gegen alle spielt, die im fortgeschrittenen Alter sind. Man möchte sich natürlich auch ungerne Druck machen, aber man sollte die Augen nicht davor verschließen, dass man nicht mehr die Zeit hat, um locker zu schauen, was passiert. Gerade in Euer persönlichen Situation mit der Fernbeziehung limitiert ja schon diese Tatsache die Chancen auf ein erfolgreiches Gelingen. Habt Ihr schon über eine Kiwu nachgedacht? Wie stehst du zu Nahrungsergänzungsmittel, auch da gibt es einiges effektives für die Keimzellqualität (pimp my egg und pimp my sperm).
Fühl dich gedrückt!
RE: Und plötzlich steht das Leben still
in Eure Geschichte 21.03.2021 07:37von Geko • 24 Beiträge | 24 Punkte
Liebe Susanne,
Danke für deine liebe Antwort. Natürlich ist uns bewusst, dass wir keine Jahre mehr haben um locker ab zu warten was passiert, trotzdem versuchen wir keine "tickende Zeitbombe" in unseren Köpfen daraus zu machen. Wir werden die nächsten 3 Monate nutzen, um uns beraten zu lassen und auch noch verschiedene Untersuchungen zu veranlassen (Gerinnungsabklärung, Endokrinologie etc). Und Nahrungsergänzungsmitteln stehe ich auch positiv eingestellt entgegen.
Aktuell ist die Traurigkeit noch zu gross, um überhaupt irgendwie klar zu denken. Aber ich weiss, dass auch wieder andere Zeiten kommen und wir dann gemeinsam alles tun werden um die Chancen zu optimieren. Das wir dieses Jahr beide unseren Lebensmittelpunkt verändern und endlich täglich zusammen leben war sowieso schon geplant, jetzt wollen wir es mehr denn je.
Ich bin froh und dankbar, dass es dieses Forum gibt.
RE: Und plötzlich steht das Leben still
in Eure Geschichte 21.03.2021 07:42von Susanne • 4.556 Beiträge | 4574 Punkte
Das ist gut, dass Ihr auf Ursachenforschung gehen möchtet. Hier kannst Du auch schauen https://www.fehlgeburt.info/wissenswerte...e-und-therapie/ ,wenn Du Dich bereit fühlst.
RE: Und plötzlich steht das Leben still
in Eure Geschichte 21.03.2021 09:54von GoldeneHimbeere (gelöscht)
Hallo Geko,
Auch ich möchte mein tiefstes Mitgefühl ausdrücken. Es ist so schmerzlich, den Verlust aushalten zu müssen. Klar, eine frühe Fehlgeburt ist auch schlimm, gerade wegen den plötzlichen Blutungen, aber wenn man da sitzt und hat sich vor einer Minute noch gefreut, das Baby zu sehen und dann hört man die Worte "Ich sehe und höre keinen Herzschlag" reißt einem den Boden unter den Füßen weg.. Es ist aber die absolut richtig Entscheidung, jetzt schon etwas untersuchen zu lassen. Auch wenn man sagt, dass zwei Aborte können auch einfach "nur" Pech gewesen sein könnten. Aber gerade so etwas wie eine Blutentnahme, ist mit nicht viel Aufwand verbunden. Ich wünsche euch viel Kraft und hier findest du immer Zuspruch.
RE: Und plötzlich steht das Leben still
in Eure Geschichte 21.03.2021 11:37von Geko • 24 Beiträge | 24 Punkte
Vielen vielen Dank für die tröstenden Worte. Natürlich möchten wir jetzt alles machen, was unsre Chancen optimiert und ich sehe es genauso, eine Blutentnahme oder einen Schildrüsenuntersuchung ist kein grosser Aufwand und ich würde auch aufwendigere Dinge tun, um evtl zu wissen, woran es gelegen hat. Am Donnerstag habe ich nochmals eine Untersuchung bei meiner Gynäkoligin, sie wird mir dann auch die Histologie der Kürettage mitteilen. Es wird kein Trost sein, denn den gibt es nicht, aber vielleicht verstehe ich das Geschehene dann "besser".
RE: Und plötzlich steht das Leben still
in Eure Geschichte 21.03.2021 11:58von Susanne • 4.556 Beiträge | 4574 Punkte
Habe das mal als Umfrage gemacht. Wann Periode nach AS?
RE: Und plötzlich steht das Leben still
in Eure Geschichte 21.03.2021 12:16von GoldeneHimbeere (gelöscht)
Da du vorher schon einen sehr regelmäßigen Zyklus hattest, denke ich, es wird sich schnell einspielen. Allerdings sind natürlich die hormonellen Schwankungen nach einer Kürettage nicht ausser Acht zu lassen. Aber da ist dein regelmäßiger Zyklus vorher von Vorteil. Ich habe Zyklus Schwankungen und nach beiden Ausschabungen Zysten entwickelt. Insgesamt merke ich Hormon Schwankungen extrem und habe ausgeprägte PMS Symptome. Hab Zuversicht, es ist sehr schwer im Moment, aber es wird mit jedem Tag besser.
RE: Und plötzlich steht das Leben still
in Eure Geschichte 21.03.2021 18:33von LizC • 122 Beiträge | 125 Punkte
Liebe Geko,
es tut mir so unheimlich leid, dass du auch einen solchen Verlust durchmachen musstest. Entschuldige, dass ich jetzt erst schreibe, aber ich habe nach Worten gesucht, die beschreiben können, wie sehr ich mit dir fühle. Ich bin auch schon fast 40 und habe vor zwei Monaten mein Wunschbaby verloren. Auch wenn es so unheimlich weh tut, wir dürfen nicht die Hoffnung aufgeben, dass wir irgendwann ein Baby in den Armen halten dürfen, das uns gehört.
Es ist gut, dass du einige Dinge abklären lässt. Ich bin da auch gerade dabei.
Ich schicke dir eine große Portion Kraft und eine große Umarmung.
Liebe Grüße,
Irina
RE: Und plötzlich steht das Leben still
in Eure Geschichte 22.03.2021 10:23von Ma_rie • 167 Beiträge | 168 Punkte
Liebe Geko,
mein tiefes Mitgefühl für deine Verluste! Ich schicke dir gute Gedanken und wünsche dir genug Raum und Zeit für den Abschied von deinem kleinen Wunder. Viel Kraft und Zuversicht!
In den Gefühle die du beschreibst, kann ich mich gut wiederfinden... Der Schmerz ist unvorstellbar. Gut, dass du ihn hier teilst.
Ich wünsche dir von Herzen alles Gute, fühl dich gedrückt!
Marie
RE: Und plötzlich steht das Leben still
in Eure Geschichte 23.03.2021 09:02von Saskia1991 • 9 Beiträge | 9 Punkte
Bitte geben Sie einen Grund für die Verwarnung an
Der Grund erscheint unter dem Beitrag.Bei einer weiteren Verwarnung wird das Mitglied automatisch gesperrt.
Besucher
7 Mitglieder und 14 Gäste sind Online: Fanny, Lina13, Ma He, Susanne, Alexa_ndra, PippiLangstrumpf, Nelke |
Forum Statistiken
Das Forum hat 1752
Themen
und
45855
Beiträge.
|
Einfach ein eigenes Forum erstellen |