Hallo,
mein Körper ist gerade dabei ein Windei auszuleiten. Die Blutungen werden jetzt in der zweiten Woche endlich weniger und
die Wucht mit der mir die Realität des Blutes und dem damit verbundenen Ende der Schwangerschaft entgegen prallt, wird weniger.
Um Pfingsten wurde ich mit 34 Jahren, mit meinem wunderbaren Partner, überraschend schwanger. Wir haben uns trotz der bislag
kurzen Beziehung bewusst dafür entschieden und da wir beide grundsätzlich einen Kinderwunsch haben, war es quasi egal. Doch
schon am Wochenende als ich meinem Partner von der Schwangerschaft erzählt habe, waren wir aufgrund stärkerer Blutungen
in der Notaufnahme. Die nächsten 9 Wochen waren gepärgt von sooo vielen auf und abs. Ich wollte irgendwann auch nur noch
eine Entscheidung haben und nicht länger in dieser Ungewissheit sein.
Die Worte meiner lieben Yoga Lehrerin, mich auf mich und meinen Körper zu verlassen und mich nicht zu schnell ins Ärzte-System
zu begeben haben mich vor einer Ausschabung bewahrt - welche ich wohl auch unwissend sie auch ablehnen zu können, über mich
ergehen lassen hätte. So habe ich die Schmerzen zu Hause so lange ertragen, bis unser kleines Reiskorn am 03.08. während der
Untersuchung bei meiner Gyn zur Welt kam. Wir konnten es im Garten beerdigen und so schon ein großen Schritt in der Trauerarbeit
gehen.
Wir waren beide super hoffnungsvoll und motoviert, es so schnell es geht wieder zu versuchen. So wurde ich im Oktober erneut
schwanger. Alles war super, keine Blutungen. Bis am Donnerstag vor dem ersten Gyn Termin am Montag die Blutung einsetzte.
Ich versuchte erst gelassen zu bleiben, dass kann immer passieren, dachte ich mir. Doch übers Wochenende wurden sie so stark,
das ich beim Empfang in der Praxis nur weinend und mit zitternden Händen gerade so noch meine Versichertenkarte ins Gerät stecken
konnte.
Beim Ultraschall war ein viel zu kleiner Dottersack für die 8. SSW zu sehen und kein Embryo. Viel Hoffnung machte uns die Ärztin nicht
doch ganz weg war sie nich bei mir. Bis die Odysee des wiederholten Blutabnehmens wieder begann. Der HCG-Wert fiel schnell und
es war klar, was das für uns bedeutete.
Es fühlte sich sooo viel schlimmer an als beim ersten Mal. Die Angst und Hilflosigkeit hat mich aufgrund der Erfahrungen so viel härter
getroffen. Nichts zu haben, von dem ich wirklich Abschied nehmen kann. Nur dieses unsäglich stinkende Blut, das aus mir heruas läuft.
Die Gewissheit das etwas in mir gestorben ist. Mich zerreist es.
Ich habe beim zweiten Mal auch große Schwierigkeiten darüber mit anderen Frauen zu sprechen. In meinem Freundeskreis gibt es keine
Frau, welche bereits eine Fehlgeburt erlitten hat. Und trotz der Empathe, die sie mir sicher trotzdem engegen bringen würde hat sich in mir alles
gesträubt und tut es immer noch. -was haben sie anders, besser, richtig gemacht? warum habe ich das verdient? Fürchterliche Vergleiche stelle
ich an, bei denen man ja nur verlieren kann bzw. niemals eine Antwort auf die vielen Fragen, wie nach dem WARUM bekommt.
Jetzt steht Weihnachten an, mit der Schwägerin und dem 3 Monate alten Baby. Das Adventsessen habe ich schon sausen lassen.
Ich gehe offen damit um, das ich es vielleicht auch an Weihnachten nicht schaffe, dabei zu sein. Es ist für alle in Ordnung. Aber richtig
nachvollziehen kann es eben doch niemand. Denn niemand steckt in meinen Schuhen und ist nur ein Meter in meinem Leben gegangen.
Ich fühle mich so macht- und hilflos manchmal. Die Gedankenkreise drehen sich und werden teils wirklich dunkel. Alte super negative
Glaubenssätze, von denen ich dachte mich schon lange von ihnen verabschiedet zu haben, tauchen wieder auf.
Ich glaube daran, das einem das Leben nur die Herausforderungen stellt, die man auch meistern kann. Aber mir reicht es.
Das zeigt sich auch darin, dass ich bzw. wir gerade so null bereit sind so schnell wie möglich den nächsten Verusch zu starten. Ich
spüre das wir und ich jetzt erst mal heilen müssen. Mir hilft anstatt eines Grabes im Garten die Symbolik von kleinen Engeln und Kerzen,
welche ich für sie anzünde. Dem Baby, welches sich nie gebildet hat, trotzdem einen Platz in unserem Leben zu geben.
Ach ja und nebenbei Kämpfe ich noch mit Wut, viel Wut. Auf meine Hausärztin - ihr THS Wert ist voll in Ordnung. Das waren ihre
Worte nach der ersten Fehlgeburt im Sommer nach einem kleinen Blutblild. Das die Gyn sich bei den Werten über eine erneute
Fehlgeburt nicht wundert macht mich nicht nur auf die Ärztin wütend, sondern auch auf mich. Warum habe ich es nicht selbst
gegengechekt!? Ich habe wohl vertraut.
Es fühlt sich nach so viel Druck und to dos für mich jetzt an. Ständig den HCG Wert chekcen zu lassen, Blutgerinnung, zum
Endokrinologen. Wir haben uns jetzt zusammen für eine Kinderwunsch Klinik entschieden. Dort können wir auch zusammen hin.
Mein Partner darf aktuell wegen Corona bei meiner Gyn nur widerwillig mit rein. Und ich habe dadurch immer nur noch mehr das
Gefühl, das alles an mir hängt. Das zieht zusätzlich noch an Energie.
Ich wünsche mir, das ich bald durch dieses dunkle Tal durch bin, mehr Lebensfreude habe und mich der Neid nicht mehr auffrist,
sondern ich mich wieder, wie früher, super gene mit Kleinkindern abgebe.
Ich empfinde das Niederschreiben meiner / unserer Geschichte schon als heilsam.
Vielleicht hilft es ja der ein oder anderen es zu lesen und oder / einen Kommentar dazu zu hinterlassen.