Hallo,
Ich schreibe erst jetzt bzw. habe erst jetzt mich in diesem Forum angemeldet. Dennoch bin ich bereits sehr dankbar, dass ich anhand der Beiträge merke, nicht allein in meiner Trauer zu sein.
Im Juli 2018 wurde ich Mutter eines gesunden Sohnes. Die Schwangerschaft jedoch war sehr aufreibend. Ich hatte zu Beginn einen drohenden Abort mit insgesamt fünf Blutungsepisoden. Bei jedem Toilettengang kam Panik in mir auf. Im Verlauf stabilisierte sich die Schwangerschaft. Im fünften Monat wurde ein Harnstau festgestellt, welcher im Verlauf zu einer Einschränkung meiner Nierenfunktion führte. In der 27. SSW wurde ich damals stationär bei beginnender Wehentätigkeit aufgenommen. Nach Anlage von DJ-Schienen besserte sich dies, so dass ich den Rest der Schwangerschaft noch hinter mich bringen konnte. Am 16.07.2018 kam unser Sohn 12 Tage nach ET zur Welt.
Das alles jedoch war so einschneidend für meinen Ehemann und mich, dass wir unsere Familienplanung zunächst hinten anschoben.
Bis letzten Sommer...
Ende Oktober 2021 hielt ich einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen, ET 11.07.2022. Wir konnten unser Glück kaum fassen. Leider währte es nur kurz und unser erster Engel flog am 01.11.2021 in der 6. SSW wieder zurück auf seine Wolke.
Ich selbst suchte die Schuld bei mir, obwohl natürlich alle Rationalität einem etwas anderes sagte. Ich ließ die Trauer zu, bastelte einen kleinen Altar und konnte langsam wieder Fuß fassen. Auch half mir dabei meine damals beste Freundin.
Diese teilte mir zu Beginn Dezember 2021 mit, dass sie selbst erneut schwanger sei. Ich freute mich mit ihr uns für sie, ganz ehrlich, aber gleichzeitig merkte ich auch, dass es mich traurig stimmte. Einfach nur Traurigkeit, keine Wut, kein Hass.
Umso mehr freuten mein Ehemann und ich uns über unser Silvesterwunder. ET sollte der 10.09.2022 sein. Wir glaubten wirklich an ein Wunder und ich freut mich darauf, mit meiner Freundin gemeinsam schwanger zu sein und gemeinsam durch die Zeit zu gehen.
Mir ging es verglichen mit der ersten Schwangerschaft sehr schlecht. Jeden Morgen übergab ich mich mehrfach. Allein der Geruch von Kaffee verursachte Würgereiz und ich freute mich wahnsinnig darüber. Alles schien gut zu verlaufen.
Am 21.01.2022 verspürte ich ein leichtes Ziehen im Unterbauch und ich dachte eher an Mutterbänder oder ähnlichem. Am 22.01.2022 begann eine Blutung, zunächst nur sehr zart, im Verlauf immer stärker werdend. Wir führen in ein Krankenhaus, da Wochenende. Was ich dann sah, war furchtbar. Da war mein kleiner Engel im Ultraschall, das erste Mal, dass ich ihn sah. Und es war kein Herzschlag mehr zu sehen. Stattdessen löste sich die Schleimhaut rundherum. Ich konnte gar nicht mehr sprechen. Im Auto brach es über mich. Ich erzählte es meinem Mann, zeigte ihm das Bild und wir weinten bitterliche Tränen.
Es ging mir schlechter als beim ersten Mal, auch körperlich. Ich hatte wahnsinnig starke Blutungen, mir war schlecht aufgrund des noch hohen ßHCG und der Kreislauf wollte auch nicht so recht.
Das schlimmste an der Situation war die Reaktion unserer ehemals besten Freunde. Es kam eine Textnachricht mit Beileidbekundung. Weil ich mich darauf nicht meldete, erklärte der Ehemann meiner Freundin meinem Ehemann, dass ich ja zu extrem reagieren würde und man damit ja nicht umgehen könnte. Es traf mich bis ins Mark, dass sie es nicht fertig brachte, einfach einmal vorbei zu kommen und da zu sein, auch vielleicht mit dem Risiko, dass ich nicht reden will und die Tür zu mache.
Auch eine Aussprache vermochte den Riss nicht zu kitten.
Ich arrangierte mich mit der Situation. Mein Ehemann und ich einigten uns darauf, zunächst eine Pause einzulegen. Ich versuchte, positives zu sehen, mich an dem zu erfreuen, was ich habe, aber immer wenn ich sie sah, piekste ein Stachel in mir.
Dadurch entfernten wir uns immer weiter. Sie hat mich quasi gleich „ersetzt“ durch eine Spielplatzbekanntschaft, die zeitgleich schwanger ist, und ich blieb allein, mit allem allein. Es gibt einfach Dinge, die ich nicht mit meinem Ehemann besprechen kann. Er tut alles für mich, um mich durch die Zeit zu tragen, aber eine weitere Stütze fehlt.
Eigentlich dachte ich, darüber hinweg zu sein. Nun kam ihre Tochter zur Welt und ich konnte nur noch weinen, als sie es mir per WhatsApp mitteilte. So hemmungslos, dass mein Sohn mich versuchte zu trösten und mir versprach, dass der liebe Gott mir auch ein Baby schenkt.
Ich bin so sauer, wütend, traurig und alles gleichzeitig. Dabei bin ich kein unfairer Mensch und eigentlich auch sehr friedfertig, aber das bringt mich um den Verstand. So viel wie die letzten beiden Tage habe ich seit Januar nicht geweint. Daher schreibe ich jetzt mal alles auf, in der Hoffnung, dass es damit besser wird—irgendwann.