Hallo ihr Lieben,

morgen vor zwei Monaten haben wir von meiner MA erfahren (in der 12. SSW, Embryo vermutlich in 7. SSW gestorben), am 12.10. war nach erfolgloser Tabletteneinnahme die Ausschabung.

Ich bin 35 und verspüre seit ein paar Jahren immer stärker den Kinderwunsch, aber irgendwie wollten mein Mann und ich immer "auf den richtigen Moment warten". Im Juli nach der Hochzeit war es so weit, und es hatte sofort beim ersten Versuch geklappt. Ich war überglücklich, umso schlimmer war die FG. Die ersten zwei Wochen waren wirklich sehr schlimm, danach ging es wieder etwas besser und ich habe versucht, mich aufzurappeln, und habe mich schließlich riesig gefreut, als meine Tage kamen und wir einen neuen Versuch starten konnten. Ich fühlte mich bereit. Und hatte ähnliche Symptome wie in der SSW, nur noch stärker (Ziehen im Unterleib, Übelkeit).
Als dann letzten Sonntag der Test negativ war und ich direkt meine Tage bekam, war ich wieder am Boden zerstört und habe Rotz und Wasser geheult.

Und immer diese quälende Frage: Darf ich überhaupt so traurig sein?

Ich bin ja beim ersten Versuch sofort schwanger geworden, das Herz hat geschlagen, die gefühlt 1000 Untersuchungen danach haben nur Gutes gezeigt. Es kann also jederzeit wieder klappen (und diesmal gutgehen). Die FÄ meinte heute zu meinen Schwmerzen, dass das nach der SSW + FG normal sei, kein Grund zur Sorge, ich solle es gleich wieder versuchen.
Aber ich bin trotzdem tief traurig. Ich habe das Gefühl, dass mir die Zeit wegrennt, ich wollte eigentlich nicht mit 36 (oder noch später ...) mein erstes Kind bekommen. Ich hatte mich so sehr auf mein April-Baby gefreut, jetzt wird es frühestens ein September-Baby.
Das Schlimmste sind die ganzen schwangeren Frauen im Bekannten- und Freundeskreis. Das ertrage ich schon seit Jahren nur schwer, und mittlerweile bin ich tatsächlich die Letzte ohne Baby. Ich fühlte mich schon bei einigen Freundinnen ausgeschlossen, aber es wird immer schlimmer. Und jetzt ist die letzte Freundin auch noch schwanger geworden, zum selben Zeitpunkt wie ich. Nur dass ihr Kind weiter wächst, und ich eigentlich den gleichen Bauch haben sollte wie meine Freundin.
Zugleich hat eine meiner besten Freundinnen zum Zeitpunkt meiner FG eine grausame Diagnose bekommen: Ihre 6-jährige Tochter hat einen unheilbaren Hirntumor und hat nur noch wenige Monate zu leben. Angesichts ihres furchtbaren Schicksals und der vielen Schicksale, die ich hier im Forum lese, frage ich mich jeden Tag, warum gerade ich so wahnsinnig traurig bin, obwohl bei mir doch eigentlich alles gut ist.

Ich möchte mich nur noch vergraben, und freue mich zum ersten Mal so gar nicht auf Weihnachten, mir graut es richtig davor. Und ich möchte meine schwangere Freundin nicht mehr sehen, obwohl sie eine der liebsten und rücksichtsvollsten Personen ist und in meiner Gegenwart überhaupt nicht über ihre eigene SSW spricht. Und an die totkranke Tochter meiner anderen Freundin denke ich auch jeden Tag.

Vorhin habe ich endlich den Entschluss getroffen, eine auf Kinderwunsch spezialisierte Psychologin zu kontaktieren. Jetzt warte ich auf ihren Rückruf und hoffe, dass ich im Gespräch wieder zu meinem gewohnten Optimismus zurückfinde.

Eigentlich bin ich der Meinung, dass sich Trauer nicht messen lässt, dass man Schicksale nicht miteinander vergleichen und mehr oder weniger Trauer zusprechen kann. Aber manchmal kommen mir Zweifel. Wie seht ihr das? Kann man "zu viel" trauern?

Ich finde schon man darf unglücklich oder traurig sein. Wenn man so will hat ein Millionär zb alles, aber ist einsam.dann wäre 3s trotz Millionen ja verständlich wegen Einsamkeit traurig zu sein.
Klar geht es vielen schlimmer. Flüchtlinge und Kriegsgebiet usw. Aber finde man darf trotzdem traurig sein. Grade bei so existentielle Sachen wie ein Kind.
Würde mit der Freundin mit dem krebskranke Kind nicht tauschen wollen. Aber trotzdem geht es dir mit deinem Verlust ja auch nicht gut.

Ja, du hast wahrscheinlich recht. Und umgekehrt dürfte man ja eigentlich auch nie glücklich sein, wenn man sich die Welt so anschaut. Es ist wohl immer eine Frage der Perspektive, der Situation.
Mich zieht im Moment tatsächlich die SS meiner Freundin extrem runter, obwohl ich mich natürlich für sie freue. Schaffe es aber nicht mal, sie zu fragen, ob sie schon weiß, was es wird. Einerseits "verliere" ich wieder eine Freundin, die keine Zeit mehr haben wird (total egoistisches Denken, ich hasse mich dafür), andererseits kann ich beim Anblick ihres wachsenden Bauchs einfach nicht mit meinem Verlust abschließen.

Liebe Reb
Deine Gefühle sind absolut normal und berechtigt!!!
Mir hat es sehr geholfen, zu wissen, dass diese Gefühle nach einem Verlust ganz normal sind und man sich dafür auf keinen Fall verurteilen sollte.
Es ist völlig natürlich, man hat seinen grössten Traum verloren und natürlich ist da grosse Trauer und auch Neid, auf andere Frauen, die das haben, was wir uns so sehnlichst wünschen! Und wir wünschen ja niemandem etwas schlechtes, wir werden einfach nur jedes Mal daran erinnert, was uns genommen wurde. Deswegen ist es auch völlig in Ordnung, wenn wir aus Selbstschutz etwas auf Abstand gehen, auch gedanklich.
Dies wird auch kurz in dem Buch "Früher Kindsverlust und Folgeschwangerschaft" angesprochen, ich glaube Nelke hatte das mal empfohlen.
Wir haben einfach im Vergleich zu anderen Frauen leider leider einen viel schwereren Weg zu unserem Glück. Aber auch wir werden eines Tages unser lebendiges, gesundes Kind in den Armen halten, da glaube ich ganz, ganz fest daran 🙏

Bei mir war die Arbeitskollegin gleich weit. Ihres lebt, meins tot. Besser wurde es als der kleine über eins war. Als Baby konnte ich es auch kaum ertragen. Schwangerschaft noch weniger.

Gib dir Zeit. Wenn das Baby normaler in der Realität geworden ist und sein Anblick normal, vielleicht fällt es dir dann auch leichter

Liebe Reb.
Es absolut normal traurig zu sein, manchmal ist man es mehr, manchmal weniger. Egal wie früh dein Verlust war oder wie wenig schlimm deine Geschichte vielleicht im Vergleich zu anderen ist - auch du hast ein Kind verloren und darfst trauern. So lange du musst und so intensiv du es brauchst.
Wir können dir alle nachvollziehen, dass Abstand zu anderen Schwangeren im Freundes-/Bekannten-/Familienkreis manchmal erforderlich ist. Das macht dich nicht zu einer schlechten Freundin oder einer selbstsüchtigen Frau. Im Gegenteil. Es ist gut, dass du erkennst, was dir aktuell nicht gut tut und du dich davor schützt. Du kannst nur dann eine Stütze für deine Freundinnen sein, wenn es dir damit gut geht. Nimm Abstand, wenn es sein muss. Erkläre es vielleicht den Freunden, die es nicht nachvollziehen können.
Irgendwann wird es besser. Ganz bestimmt. Es ist gut, dass du dir beratende Hilfe suchst. Ich drücke die Daumen, dass du deinen Optimismus wieder finden kannst!
Fühl dich fest gedrückt.

Vielen Dank für eure liebe Worte .
Der Winter macht das Ganze auch nicht leichter, im Sommer würde ich vermutlich leichter auf andere Gedanken kommen und könnte mich mehr motivieren, wieder positiv nach Vorne zu blicken. Ich bin selbstständig und arbeite von zu Hause, seit der FG habe ich mich kein einziges Mal an den Schreibtisch setzen können, sondern arbeite nur noch aufm Sofa oder sogar im Bett. Normalerweise mache ich täglich Sport und gehe raus zum Spazieren oder Joggen, jetzt komme ich mir manchmal total vergammelt vor. Eben habe ich einen Termin für nächste Woche bei der Psychologin gemacht, das motiviert mich gerade total und ich werde jetzt direkt rausgehen und mich eine kleine Runde auspowern.
Und @Clara: Vielen Dank für den Buchtipp, hab's sofort bestellt!

Natürlich darfst du so traurig sein! Die Leere ist am Anfang schwer zu ertragen und jede Frau erlebt es anders.
Ich bin sehr spät Mutter geworden und kann Dir nur eins raten: lass Dir Zeit, das zu verarbeiten. Es gibt keinen "richtigen" Moment für ein Kind, es kommt dann wenn es kommt.
Deinem Kind ist es später völlig wurscht, wie alt Du warst oder bist.

Danke, Hannah. Dass es dem Kind egal ist, wie alt ich bei seiner Geburt bin, ist mir natürlich klar. Ich wollte halt nie so spät Kinder kriegen, aber die Jahre sind einfach so schnell vergangen (und waren super, das muss ich dazu sagen). Es fühlt sich einfach so an, als wäre eine erneute Schwangerschaft der beste Weg für mich, um das zu verarbeiten. Ich möchte endlich diesen neuen Lebensabschnitt beginnen, auf den ich mich schon so lange freue, auch wenn ich weiß, dass er mit vielen Veränderungen und neuen Herausforderungen verbunden ist. Ich bin einfach bereit, Mama zu werden, und kann es kaum abwarten.

Kann ich total verstehen und am Ende wird es bestimmt auch genau so sein.
Ehrlich gesagt, in meinem Freundes- und Bekanntenkreis hat fast jede Frau schon mal eine FG gehabt - das macht es weder einfacher, noch besser, aber mich hat das immer irgendwie beruhigt, nicht allein zu sein und auch die Hoffnung nicht zu verlieren. Denn alle sind am Ende Mütter geworden.
Ich drück Dir die Daumen!

Liebe reb,
Natürlich darfst du Trauern. Soviel, wie es sein muss. Und das ist auch wichtig. Außenstehende können diese unendliche Traurigkeit oft nicht nachvollziehen, auch das ist normal. Aber es bedeutet nicht, dass du nicht Trauern dürftest.
Manchmal finde ich es noch sehr schade und enttäuschend, dass unsere Gesellschaft frühe Abgänge als etwas persönliches, was nur die betroffene angeht, ansieht. Es erschwert uns zu unseren Gefühlen zu stehen...
Meine erste FG war übrigens nach 5 Tagen, nachdem ich von der SS erfuhr...und es war schlimm, unendlich schlimm für mich alleine und keiner verstand es...sei es doch nur eine verspätete Periode gewesen... ... ...

Der Buchtipp kam von mir, das stimmt 😅. Hatte es hier in der Bücherei gefunden. Mich erstaunte es sehr, wie gut ich mich in manchen Passagen wiedergefunden habe.

Hallo Leute, das kenne ich zu gut. Alle werden so leicht schwanger die ich kenne und ich bin die einzige wo es nicht hinhaut. Und ich mir manchmal die Frage stelle mit was ich das verdient habe! Ich hätte auch so gern endlich ein Baby was ich in den Armen halten kann. Stattdessen hatte ich eine FG. Ist zwar meine erste aber mich nimmt das so mit und Weine die ganze Zeit!

Liebe Moonsun,

Ja du darfst traurig sein, du darfst weinen, schreien und auch zornig sein.
Ich stecke seit drei Wochen in diesem Wahnsinn und ich bin unglaublich traurig, weine viel, starre vor mich hin und frage mich warum.
Es gibt keine Antwort auf diese Frage.
Leider bestehen mich die meisten Menschen, Vorallem meine Familie nicht. Mein Mann hat mich gestern gefragt, ob ich gedenke ewig so traurig rumzulaufen. Meine Tochter meinte, sie würde mich nicht mehr erkennen, ich wäre wie ein Geist.
Ja so fühle ich mich die meiste Zeit auch. Ich schwebe so durch den Tag mit dem Schmerz um den Verlust unseres Babys.
Bei mir kommt erschwert hinzu, dass mein Mann keine Kinder mehr möchte. Das ist natürlich sehr sehr hart für mich.

Liebe Angelwod,

vielen Dank für deine Anteilnahme! Ich fühle mich von dir verstanden! Das ist sehr hart was du durch machen musst! Ich wünsche dir alles Gute und hoffe das dein Mann seine Meinung doch eines Tages ändert.